Flughafen-Gegnern droht weitere Schlappe vor Gericht
Leipzig (dpa) - Den Anwohnern des Hauptstadtflughafens droht eine weitere Niederlage am Bundesverwaltungsgericht. Die Leipziger Richter zeigten am Dienstag wenig Bereitschaft, noch einmal Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Berliner Milliardenprojekt zuzulassen.
Sie hatten den Beschluss 2006 letztinstanzlich genehmigt. Die Kläger werfen dem Brandenburger Infrastrukturministerium aber vor, sie zusammen mit dem staatlichen Flughafenbetreiber bei den Flugrouten getäuscht zu haben. Ein Urteil soll es Ende Juli geben.
Das höchste Verwaltungsgericht hatte erst im vergangenen Oktober Anwohnerklagen für ein strengeres Nachtflugverbot abgewiesen. Bei einem Erfolg der neuen Klagen wäre der Eröffnungstermin im März 2013 zusätzlich gefährdet. Die Inbetriebnahme war schon zwei Mal verschoben worden, weil der drittgrößte deutsche Flughafen nicht fertig ist. Ob das neue Datum zu halten ist, wollen die Betreiber bis August klären.
In der Planfeststellung war als Grobplanung festgehalten, dass die Flugzeuge von den beiden Pisten des neuen Flughafens in Schönefeld schnurgerade abfliegen - obwohl die Deutsche Flugsicherung betont hatte, dass die Routen aus Sicherheitsgründen abknicken müssen. In diesem Sinn legte der Bund schließlich vor einem halben Jahr Routen fest, die stark von der Grobplanung abweichen. Künftig werden tausende Anwohner überflogen, die jahrelang glaubten, von Fluglärm verschont zu bleiben.
Damit hätten sie der Flughafen und das Ministerium als Genehmigungsbehörde um ihre Klagemöglichkeit gebracht, kritisierte Anwalt Frank Boermann. „Sie wussten jahrelang, dass die Routen anders kommen würden.“ Sie hätten das jedoch bewusst verschwiegen, um Verzögerungen und höhere Kosten zu vermeiden, sagte Boermann. Auch Kritik an dem umstrittenen Standort dicht an der Berliner Stadtgrenze sollte demnach vermieden werden.
Der Vorsitzende Richter Rüdiger Rubel sagte jedoch am Dienstag, es hätte bis 2006 auch derjenige Klage gegen die Planfeststellung führen können, der nur möglicherweise betroffen sei. Kläger-Anwalt Christian von Hammerstein widersprach: „Das führt im Ergebnis dazu, dass der Bürger schlauer sein muss als die Behörde.“ Boermann verwies auf Gutachterkosten von bis zu 15 000 Euro.
Das Gericht will bis Mittwoch verhandeln. Ob die Bürger getäuscht wurden, wurde noch nicht geklärt. Der Verteidiger des beklagten Ministeriums, Klaus-Peter Dolde, wies den Vorwurf gegen die Behörde zurück. „Es war von Anfang an ihr Bestreben, Klarheit über die Flugrouten zu schaffen.“ Der Täuschungsvorwurf sei durch die Flughafen-Dokumente nicht belegt, die die Kläger vorlegten.
Das Gericht legte sich nicht fest. Rubel wies aber darauf hin, dass der Planfeststellungsbeschluss an mehreren Stellen festhält, dass die Flugrouten erst kurz vor der Inbetriebnahme verbindlich festgelegt werden. Es sei ein grundsätzliches Problem, dass die Planfeststellung und die Flugroutenfestlegung getrennte Verfahren seien, sagte Rubel. Eine sinnvolle Lösung sei schwierig, weil die Routen sich häufig ändern. „Flugrouten sind von der Materie her flüchtig.“
Kläger sind die Gemeinde Kleinmachnow, eine Wohnungsbaugesellschaft aus dem Ort sowie Privatleute aus Rangsdorf, Mahlow und Berlin-Lichtenrade. Hinzukommen Bürger aus Königs Wusterhausen, Zeuthen, Blankenfelde und Berlin-Bohnsdorf, die schon 2004 geklagt hatten. Am Mittwoch sind weitere Kläger aus Mahlow und Zeuthen am Zug. Sie wollen den Planfeststellungsbeschluss kippen oder zumindest die Kapazität des Flughafens beschränken.