Ford macht Milliarden-Verlust und schließt drei Werke

Köln (dpa) - Mit einem drastischen Stellenabbau, Werksschließungen und Kosteneinsparungen will der US-Autobauer Ford in Europa aus der Krise kommen. Bis Mitte des Jahrzehnts sollen die milliardenschweren Verluste in der Region abgebaut werden und der Konzern auf einen profitablen Kurs zurückfinden.

Das kündigte Ford Europe am Donnerstag in Köln an. Betroffen von den geplanten Maßnahmen seien mehr als 6000 Jobs, vor allem im belgischen Genk sowie in Southampton und Dagenham in Großbritannien, wo Werke komplett oder in Teilen geschlossen werden sollen.

Der europäische Ford-Betriebsrat sprach von einer „Kahlschlagstrategie“. Der Konzern wolle mit aller Macht die Konjunkturkrise nutzen, um seine selbst verursachten Überkapazitäten abzubauen. „Die Zeche sollen die Beschäftigten in Europa bezahlen“, hieß es in der Erklärung des Ford European Council. Die Ankündigung stelle die Beziehung zwischen Arbeitnehmern und Ford-Management auf eine harte Belastungsprobe. „Wir werden uns massiv dagegen zur Wehr setzen“, kündigte die Gewerkschaft an.

Tatsächlich laufen die Geschäfte bei Ford noch schlechter als ursprünglich erwartet. Im laufenden Geschäftsjahr werde das Unternehmen in Europa Verluste von mehr als 1,5 Milliarden Dollar (1,2 Mrd. Euro) einfahren, sagte Ford-Chef Alan Mulally in einer Telefonkonferenz. Bislang waren die Manager in den USA von einem Minus in Höhe von einer Milliarde Dollar ausgegangen. Der erwartete Anstieg für das gesamte Jahr sei ein Resultat des strategischen Abbaus der Fahrzeugflotten bei den Händlern im vierten Quartal, hieß es weiter. Die Werksschließungen sollen helfen, die Überkapazitäten an den europäischen Standorten abzubauen und andere besser auszulasten. Insgesamt sei das dritte Quartal bei Ford trotz der massiven Probleme in Europa besser gelaufen als das zweite. Genaue Zahlen veröffentlicht der Konzern in der kommenden Woche.

Nachdem das Unternehmen bereits am Mittwoch angekündigt hatte, seinen Standort Genk in Belgien Ende 2014 schließen zu wollen, stehen im kommenden Jahr das Transit-Montagewerk im englischen Southampton sowie ein Presswerk und der Werkzeugbau in Dagenham endgültig vor dem Aus. Das Zentrum für Motorenentwicklung bleibt jedoch erhalten. Dort soll ab 2016 die neue Generation der Dieselmotoren gefertigt werden.

An allen drei Orten sind derzeit rund 5700 Menschen beschäftigt. Im Zuge eines Abfindungsprogramms sollen darüber hinaus 500 Stellen eingespart werden, hatte Ford vor einigen Wochen angekündigt. „Heute ist für die Mitarbeiter in Southampton und Dagenham ein sehr enttäuschender Tag“, sagte der britische Wirtschaftsminister Vince Cable. „Wir werden der Mitarbeiterschaft helfen und mit Ford zusammenarbeiten, um ihnen schnellstmöglich neue Arbeit zu verschaffen.“

Gewerkschaften in Großbritannien kritisierten die Pläne heftig. Ford habe seine Mitarbeiter belogen, sagte Len McCluskey, Generalsekretär der größten Gewerkschaft Unite. Noch vor wenigen Monaten habe die Unternehmensführung Southampton die Produktion eines neuen Transit-Modells versprochen. „Die geplante Schließung wird die örtliche Wirtschaft schwer beschädigen.“

„Wir werden die Krise in Europa mit einem Fokus auf neue Produkte, einer stärkeren Marke und einer verbesserten Kosteneffizienz angehen“, sagte Mulally weiter. Ford wisse um die Auswirkungen der Pläne auf viele Beschäftigte und deren Familien.

Geplant ist, die Produktion des Ford Transit von Southampton in die Türkei und die belgische Produktion nach Valencia in Spanien zu verlagern. Besser auslasten will Ford auch die Fertigung in Saarlouis im Saarland. So erwägt das Management, den C-MAX und Grand C-MAX dort künftig fertigen zu lassen.

Mit den angestrebten Maßnahmen will Ford in Europa die derzeit installierte Kapazität um 18 Prozent oder 355 000 Fahrzeuge verringern. Die angestrebten Einsparungen durch die geplanten Werksschließungen bezifferte Ford auf eine Summe von bis zu 500 Millionen US-Dollar jährlich.