Frankreichs Premier wirbt für seine Reformen

Berlin (dpa) - Der französische Ministerpräsident Manuel Valls hat bei der deutschen Wirtschaft um Unterstützung für seinen umstrittenen Reformkurs geworben.

Foto: dpa

„Als Regierungschef weiß ich, dass ich Reformen umsetzen muss“, sagte Valls beim Industrietag in Berlin vor rund 1300 deutschen Managern. Er könne aber nicht akzeptieren, wenn ihm jemand von außen etwas diktieren wolle, so der Sozialist. Auch Deutschland als engster Wirtschaftspartner werde profitieren, wenn es wieder mehr Wachstum in Frankreich gebe. Die Franzosen beziehen fast ein Fünftel ihrer Exporte von deutschen Unternehmen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mahnte Strukturreformen in Paris an, zeigte aber auch Verständnis für Valls: Es gebe keinen Grund für ein „Frankreich-Bashing“. Auch Deutschland habe 2003 gegen die Maastricht-Kriterien verstoßen. Nun müsse geschaut werden, wie der EU-Stabilitätspakt für mehr Wachstum flexibel ausgelegt werden könne, ohne die Regeln zu ändern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte mit Blick auf den Defizitsünder Paris, das Fundament Europas sei der Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die Lehre aus der Staatsschuldenkrise sei, dass die Euro-Länder ihre Versprechen einhalten müssten. „Deshalb wird Deutschland hier auch Verlässlichkeit einfordern“, sagte sie.

Erfreulich sei, dass in bisherigen Krisenländern wie Irland, Spanien und Portugal wieder Wachstum sichtbar werde. Auch Griechenland nähere sich wieder der Wachstumsschwelle. Das zeige, dass strukturelle Reformen nach einer gewissen Zeit Erfolg hätten, erklärte Merkel.

Nach Ansicht der deutschen Industrie muss Frankreich seine Krise aus eigener Kraft lösen. „Deutschland ist nicht schuld an den strukturellen Problemen der französischen Volkswirtschaft - und auch nicht in der Verantwortung, diese Probleme zu lösen“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo.

Wegen der Ukraine-Krise und anderer Konjunkturrisiken erwartet der BDI 2014 nur noch ein deutsches Wachstum von 1,5 statt bislang 2 Prozent. Die große Koalition trage eine Mitschuld an dieser Entwicklung: „Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung wirkt bislang nicht unbedingt Vertrauen stärkend. Die Verunsicherung schlägt auf die Investitionstätigkeit“, sagte Grillo.

Scharfe Kritik an Paris kam aus der Unionsfraktion im Bundestag. Deren Chefhaushälter Norbert Barthle monierte, dass Frankreich schon zum dritten Mal einen Aufschub beim Defizitabbau wolle: „Wir haben die Sorge, dass Frankreich als großes Euro-Land so dazu beiträgt, dass das Vertrauen in den Euro insgesamt wieder bröckelt“, sagte Barthle der „Rheinischen Post“.

Valls betonte, sein Land habe die Einhaltung der zulässigen EU-Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschieben müssen, aber keineswegs aufgegeben. „Wir sind in einer Verschuldungsspirale, die nicht mehr haltbar ist.“ Um das Haushaltsdefizit zu verringern, brauche Paris aber Einnahmen, Wachstum und mehr Inflation. Deshalb sollte die Defizit-Debatte stärker an den Zustand der realen Wirtschaft angepasst werden. Die Einsparungen im französischen Haushalt von 50 Milliarden Euro in drei Jahren bezeichnete Valls als „revolutionär“.