Frankreichs Wirtschaft stagniert
Paris (dpa) - Die Schuldenkrise tobt, und Frankreichs Wirtschaft stagniert: Die Wirtschaftsleistung der zweitgrößten Volkswirtschaft im Euroraum ist im zweiten Quartal 2011 überraschend nicht gewachsen, wie das nationale Statistikamt INSEE am Freitag in Paris mitteilte.
Im vorangegangenen Vierteljahr hatte das Wachstum noch bei 0,9 Prozent gelegen. Die Banque de France war von einer Zunahme in Höhe von 0,2 Prozent für das zweite Quartal ausgegangen. Finanzminister François Baroin nannte die Entwicklung „ein wenig enttäuschend“, betonte aber, dass die Regierung weiter von einem zweiprozentigen Wachstum der Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2011 ausgehe. Die Fundamente der Wirtschaft seien solide, sagte er dem TV-Sender RTL.
Bei der Opposition stieß diese Einschätzung auf heftige Kritik. Der für die Wirtschaft zuständige Nationalsekretär der Sozialisten, Michel Sapin betonte: „Frankreich ist noch nicht aus der Krise.“ Es scheine klar, dass das von der Regierung angepeilte zweiprozentige Wirtschaftswachstum für 2011 nicht erreicht werde. Auch der Ökonom Elie Cohen teilte diese Ansicht - er geht nun von einem Wachstum in Höhe zwischen 1,5 und 2 Prozent aus.
Für Frankreich bedeutet die Stagnation im zweiten Quartal größere Anstrengungen beim schnellen Schuldenabbau. Nach den bisherigen Planungen will die Regierung in Paris im laufenden Jahr das Budget-Defizit von aktuell 7 auf 5,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) drücken, um bis 2013 wieder die im EU-Stabilitätspakt festgelegte Obergrenze von drei Prozent zu erreichen. Wegen der Konjunkturabschwächung könnten die Steuereinnahmen unter den bisherigen Schätzungen liegen. Präsident Nicolas Sarkozy, der sich am Dienstag mit Bundeskanzlerin Merkel in Paris treffen will, hatte aber noch vor wenigen Tagen ein Festhalten am Schuldenabbau unabhängig von der Wirtschaftsleistung betont.
Die Pariser Börse reagierte auf die neuen Wachstumszahlen zunächst mit einem Einknicken der Kurse, erholte sich aber wieder. Für den französischen Cac 40 ging es schließlich um 4,02 Prozent auf 3 213 Punkte nach oben.
Die kursschädigenden Gerüchte um die französische Großbank Société Générale haben indessen ein Nachspiel. Die nationale Börsenaufsichtsbehörde AMF erklärte am Freitagabend, sie habe Ermittlungen eingeleitet. Dies sagte AMF-Chef Jean-Pierre Jouyet im TV-Sender RTL. Für die Titel des Finanzinstituts sowie mehrerer anderer großer Banken und Versicherungshäuser hatte die AFM zuvor ein zweiwöchiges Verbot sogenannter Leerverkäufe verfügt. Damit soll es Spekulanten erschwert werden, aus der Verbreitung falscher Gerüchte Profit zu schlagen. Die Gerüchte hatten an der Börse in Paris zu einem drastischen Kursrutsch der Société-Générale-Aktie geführt.