Aktien: Warum Leerverkäufe am Pranger stehen

Nach den Kursstürzen haben die Politiker reagiert. Riskante Geschäfte werden vorübergehend verboten.

Paris. Nach einer turbulenten Börsenwoche haben Frankreich, Italien, Spanien und Belgien in einer gemeinsamen Aktion Leerverkäufe vor allem von Finanzaktien vorübergehend verboten. Die Kurse an den Börsen erholten sich nach der Entscheidung. Deutschland, wo ein solches Verbot bereits seit 2010 gilt, sprach sich zudem für eine europaweite Maßnahme aus.

Bei Leerverkäufen setzen Investoren auf schwächelnde Kurse einer Aktie, die sie gegen eine Gebühr leihen und dann weiterverkaufen. Geht ihre Wette auf, können sie später die Papiere günstiger erwerben und dem Verleiher zurückgeben. Ihr Gewinn ist die Differenz zwischen Verkaufspreis und Rückkaufpreis. Bei „gedeckten“ Leerverkäufen leihen sich Spekulanten die zu verkaufenden Aktien. Bei „ungedeckten“ Leerverkäufen besitzen sie diese nicht einmal, sondern verkaufen Aktien, ohne sie ausgeliehen zu haben.

Wird der Markt durch massive Leerverkäufe überschwemmt, kann dadurch der Aktienkurs sinken. Falls dann weitere Aktionäre verkaufen, wird der erhoffte Kursverfall dadurch oft erst ausgelöst.

Die Europäische Börsenaufsichtsbehörde Esma betont angesichts „jüngster Entwicklungen an den Märkten“ ausdrücklich, dass es untersagt ist, Gerüchte zu streuen, um damit Kurse zu beeinflussen. Nach Überzeugung von Prof. Dirk Schiereck von der Uni Darmstadt reagieren die Aufsichtsbehörden darauf, dass angesichts der Unsicherheiten ungedeckte Leerverkäufe genutzt werden können, um stärkere Schwankungen am Markt zu erzeugen: „Derzeit werden selbst die abenteuerlichsten Gerüchte nicht sofort verworfen. Das kann jemanden auf die Idee bringen, etwas leer zu verkaufen, dann irgendeinen Unsinn zu erzählen, der dann tatsächlich kurzfristig geglaubt wird, und aus der folgenden Reaktion einen Gewinn zu erzielen.“

Leerverkäufe helfen Spekulanten, sich vor erwarteten Kurseinbrüchen zu schützen. Zudem ist das Instrument in Boomzeiten mit steigenden Kursen wichtig, um die Euphorie zu bremsen und so Übertreibungen zu vermeiden, betont Schiereck: „In Zeiten überzogener Euphorie sind Leerverkäufe sehr hilfreich, um exzessive Kursausschläge ein Stück weit zu begrenzen.“ dpa/Red

Details zum deutschen Verbot: http://dpaq.de/B2KXs