G20: Schäuble fordert weiteren Defizitabbau

Washington (dpa) - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die führenden Wirtschaftsmächte (G20) trotz nur langsamer Konjunkturerholung zu weiteren Sparanstrengungen aufgerufen.

„Der Prozess der Reduzierung der hohen Defizite muss fortgesetzt werden“, sagte Schäuble am Freitag in Washington vor Beginn der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF).

Neue verbindliche Ziele der G20 zum Defizit- und Schuldenabbau seien bei diesem G20-Treffen allerdings noch nicht zu erwarten.

Zur Dauerkritik an Europa sagte Schäuble, die Europäer hätten große Fortschritte gemacht. Dies sei unbestritten. „Die Reformen, die wir ergriffen und umgesetzt haben, greifen ja.“ Dies brauche Zeit.

Die Ermahnungen aber, in den Reformanstrengungen nicht nachzulassen, seien richtig. Im Jahr 2014 erwarte die Europäische Kommission einen Wendepunkt: „Immer vorausgesetzt, dass alle dazu stehen, was vereinbart ist.“

Vor der IWF-Tagung kamen die Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) zusammen. Dort steht Deutschland im Streit um den Abbau der Ungleichgewichte nach Darstellung von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann inzwischen weniger in der Kritik. Forderungen an Deutschland, mit einer expansiveren Fiskalpolitik die Binnennachfrage anzukurbeln und so andere Länder zu stützen, hätten abgenommen.

„Das ist auch absolut richtig.“ Weidmann verwies darauf, dass die Konjunktur ohnehin Fahrt aufnehme. Auch habe eine Nachfragesteigerung in Deutschland kaum Auswirkung auf Südeuropa. Zudem dürfe das Vertrauen in solide Staatsfinanzen Deutschlands nicht unterlaufen werden.

Deutschland pocht auf neue Verpflichtungen zum Defizitabbau. Nach den bisherigen Vorgaben vom Gipfel in Toronto 2010 sollten die G20 ihre Haushaltsdefizite bis 2013 halbiert und den Schuldenstand bis 2016 stabilisiert haben. Die Defizitvorgaben hat die Euro-Zone insgesamt im Schnitt eingehalten, etliche G20-Staaten - unter anderem die USA und Japan - dagegen nicht. Neue Ziele werden erst beim G20-Gipfel im September in Sankt Petersburg erwartet.

Mit Blick auf die lockere Geldpolitik Japans zur Ankurbelung des eigenen Wachstums sagte Schäuble, an das Land sei eine Reihe von Fragen gestellt worden. IWF-Chefin Christine Lagarde habe die Maßnahmen zwar begrüßt, aber auch gesagt, dass dies nur eine Übergangslösung sein könne.

Mit Geldpolitik könne nur Zeit erkauft werden, es könnten aber nicht die Probleme substanziell gelöst werden. Darüber seien sich alle einig. Weidmann bekräftigte die G20-Position, dass Geldpolitik nicht zur Manipulation von Wechselkursen genutzt werden dürfe. Abwertungswettläufe schadeten am Ende jeden.

Zum Haushaltsstreit in den USA sagte Schäuble: „Die Amerikaner brauchen eine glaubwürdige mittelfristige Strategie.“ Die Sorge in den Schwellenländern vor einer Liquiditätsschwemme müsse in den Industrieländer ernst genommen werden. „Wir haben viel zu tun. Jeder hat vor seiner eigenen Tür zu kehren“, sagte Schäuble.

Die deutsche Wirtschaft profitiere Wiedmann zufolge davon, dass die Sogwirkung der Weltwirtschaft allmählich an Kraft gewinne. Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen werde weiter gedämpft durch die Lage in der Euro-Zone. Die Bundesbank halte an ihrer Prognose mit einem Wachstumsplus von rund 0,5 Prozent für 2013 fest. Sie ist damit für Deutschland zurückhaltender als die führenden Institute.

Schäuble warnte vor nachlassendem Reformeifer auch bei der Regulierung der Finanzmärkte: „Es gilt weiterhin, dass kein Finanzgeschäft und kein Finanzakteur unreguliert bleiben darf.“ Der Umgang mit Großbanken in Schieflage („too-big-to-fail“/„zu groß zum Scheitern“) müsse auf globaler Ebene endlich gelöst werden.

Es könne nicht sein, dass sich Großbanken im Notfall weiter auf den Staat und die Steuerzahler verlassen könnten. Nötig sei eine Haftungsreihenfolge, die bei Eigentümern beginne und über Anleihegläubiger bis hin zu ungesicherten Einlagen reiche. Schäuble forderte für die geplante europäischen Behörde zur Abwicklung von Pleitebanken als Teil der Bankenunion erneut eine Änderung der EU-Verträge. Je schneller die Verträge geändert werden, desto besser.