G20 wollen Steueroasen das Wasser abgraben
Washington (dpa) - Nach der Enthüllung der „Panama Papers“ machen die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer beim Austrocknen von Steueroasen ernst.
Unter Androhung von „Abwehrmaßnahmen“ fordern die G20-Finanzminister und Notenbankchefs alle Länder, Finanzzentren und Überseegebiete auf, dem automatischen internationalen Informationsaustausch zu Steuer- und Finanzdaten unverzüglich beizutreten. „Ein Schlag mit dem Hammer gegen die, die ihre Steuern in dunklen Ecken verstecken“, sagte Großbritanniens Finanzminister George Osborne.
Die G20 bekommen dafür bei der Frühjahrstagung in Washington auch Beifall von den Gastgebern - dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und Weltbank. Der Appell zeigte in Panama erste Wirkung: Nach langem Druck erklärte sich das mittelamerikanische Land zumindest zu bilateralem Austausch bereit und will auch über multilaterale Transparenz sprechen.
Die Initiative in Washington war von Deutschland und den vier weiteren europäischen Staaten Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien ausgegangen. Die sogenannte Gruppe der G5 will so schnell wie möglich Daten über die „wirtschaftlich Begünstigten“ hinter Briefkastenfirmen und anderen Firmenkonstrukten austauschen und Firmenregister vernetzen. „Das ist der Schlüssel“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Um das Wachstum anzukurbeln und Vertrauen zu stärken, sprechen die Top-Wirtschaftsmächte (G20) sich für einen Mix aus Strukturreformen sowie geld- und finanzpolitischen Maßnahmen aus. Wie schon Ende Februar in Shanghai betonen die G20, die Geldpolitik der Notenbanken werde zwar weiter die Wirtschaft stützen und für Preisstabilität sorgen: „Aber die Geldpolitik allein kann nicht zu einem ausgewogenes Wachstum führen.“
Die G20 sehen die globale Wirtschaft zwar weiter auf Wachstumskurs. Sie verwiesen aber darauf, dass das Wachstum nur moderat und ungleichmäßig sei und es Abwärtsrisiken sowie Ungewissheiten gebe. Als Risiken für die Weltwirtschaft nennen sie unter anderem geopolitische Konflikte, Terrorismus, die Flüchtlingskrise und erneut den „Schock“ eines möglichen EU-Austritts Großbritanniens.
Schäuble und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnten vor übertriebenem Pessimismus. Es sei keine substanzielle Verschlechterung für die globale Wirtschaft zu verzeichnen, sagte Schäuble. „Es gibt keinen Grund für überzogene Nervositäten.“ Er äußerte sich kritisch über die häufigen Prognosekorrekturen des IWF. Dadurch werde eher Verunsicherung geschürt. Vertrauen von Investoren und Verbrauchern sei aber wichtig für nachhaltiges Wirtschaftswachstum.
Der IWF hatte seine Prognose für die Weltwirtschaft zum zweiten Mal in diesem Jahr gesenkt - auf 3,2 Prozent für 2016 und auf 3,5 Prozent für 2017. Weidmann sprach von relativ leichten Korrekturen. Die Expansion der Weltwirtschaft setze sich aber fort: „Es gibt keinen Grund für Alarmismus oder übertriebenen Pessimismus.“
Die öffentliche Debatte über die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) halten Weidmann und Schäuble für gerechtfertigt. Die Unabhängigkeit der Notenbank dürfte aber nicht infrage gestellt werden, betonten beide.
IWF-Chefin Christine Lagarde hatte die Politik des ultralockeren Geldes verteidigt. Die Sparer müssten die bittere Pille extrem niedriger Zinsen schlucken. Dafür trage die Notenbankpolitik dazu bei, das ganze System wieder auf die Beine zu stellen. Auch Weidmann betonte: „Der EZB-Rat muss seine Entscheidungen an den Erfordernissen des gesamten Euro-Raums ausrichten.“
Die EZB und ihr Präsident Mario Draghi stehen seit Wochen vor allem in Deutschland massiv in der Kritik. Draghi hat den Leitzins in der Eurozone auf Null gedrückt. Geschäftsbanken müssen Gebühren zahlen, wenn sie ihr Geld auf Konten der EZB parken. Nicht nur Sparer gehen leer aus. Der fehlende Zins ermuntert zudem nicht zur privaten Vorsorge. Andererseits profitieren unter anderem Bauherren sowie die öffentlichen Haushalte von der EZB-Politik. Schäuble und Draghi wollten sich am Rande der G20-Beratungen und der IWF-Frühjahrstagung treffen.