Gemeinsame Eurobonds für Merkel kein Thema
Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt gemeinsame Staatsanleihen aller Euro-Länder als Ausweg aus der Schuldenkrise weiterhin ab. Bei ihrem Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstag in Paris spielt das Thema nach Berliner Regierungsangaben keine Rolle.
In der schwarz-gelben Koalition wächst der Widerstand gegen Gemeinschaftsanleihen.
Die Bundesregierung habe solche Eurobonds in der Vergangenheit nicht für sinnvoll gehalten und sehe darin auch jetzt nicht das geeignete Instrument, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Es gehe beim Treffen in Paris um bessere Arbeitsmethoden und ein besseres Krisenmanagement in der Euro-Zone. Dazu würden dem EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy konkrete Vorschläge gemacht.
Gemeinsame Staatsanleihen können die Zinslast für besonders stark verschuldete Länder der Euro-Zone senken. Gegner warnen, dass Deutschland dafür gezwungen sein könnte, höhere Zinsen zu zahlen. Damit drohten Milliarden-Mehrbelastungen für die Steuerzahler. Zudem würden Eurobonds erhebliche Änderungen der EU-Verträge erfordern.
In der schwarz-gelben Koalition in Berlin zeichnet sich deutlicher Widerstand ab. In der FDP-Fraktion wird gar mit einem Bruch des schwarz-gelben Regierungsbündnisses gedroht. Die FDP-Spitze will an diesem Mittwoch über ihr weiteres Vorgehen beraten. Rösler und FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sind gegen gemeinsame Anleihen.
Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) sagte, gemeinsame Anleihen könnten allenfalls kurzfristig zur Entspannung beitragen. „Mittel- und langfristig sind sie keine Lösung“. Auch böten diese Papiere keinen Anreiz, um die nationalen Haushalte zu sanieren.
Der FDP-Europa-Politiker Oliver Luksic warnte: Wenn die Bundesregierung diesen Schritt mittrage, „sollte die FDP sich ernsthaft überlegen, ob eine solche fundamental falsche Weichenstellung noch tragbar ist und die Koalition dann noch eine Zukunft haben kann“. FDP-Finanzexperte Frank Schäffler forderte eine harte Umschuldung von Schuldenstaaten und notfalls deren Rauswurf aus der Euro-Zone. Gemeinsame europäische Anleihen seien der falsche Weg.
Die „Financial Times Deutschland“ (Montag) berichtete, eine Arbeitsgruppe von Unionspolitikern habe bereits darüber diskutiert, unter welchen Umständen Eurobonds infrage kämen. Dazu zählten etwa feste Stabilitätskriterien, automatische Sanktionen für Defizitsünder sowie neue Mitspracherechte des Europaparlaments.
Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, erwartet gemeinsame Anleihen. „Sie ist von den schlechten noch möglichen Lösungen die beste“, sagte er der Finanz- Nachrichtenagentur dpa-AFX. Angesichts der Zuspitzung der Lage an den Anleihemärkten sei die Einführung der alles in allem Kosten minimierende Ausweg. Bei richtiger Ausgestaltung könne vermieden werden, dass solidere Staaten unbegrenzt Zahlmeister werden.
Der Ökonom Jakob von Weizsäcker, der 2010 mit dem französischen Regierungsberater Jacques Delpla ein Modell für europäische Gemeinschaftsanleihen entworfen hatte, verwies ebenfalls auf Vorteile. „Wir wollen, dass ein Teil der nationalen Schulden europäisch wird und der Rest in nationaler Verantwortung bleibt.“
Nach dem Modell sollen Staatsschulden als Anleihen mit gemeinsamer Haftung des europäischen Steuerzahlers bis maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgegeben werden. Was darüber hinausgeht und damit über der maximal erlaubten Maastricht-Schuldenstandsquote liegt, müsste weiter als nationale Schuld emittiert werden.
Diese Anleihen wären teurer als gemeinsam abgesicherte Schuldtitel. Für Länder, die sich fiskalisch unverantwortlich verhalten, wären die Zinsen sehr hoch, sagte von Weizsäcker. Damit würde die Haushaltsdisziplin in der Euro-Zone gestärkt. Die Einführung der Eurobonds sei für Deutschland eine interessante Alternative zur teuren Aufstockung des europäischen Rettungsschirms.
Unterdessen lüftete die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag das Geheimnis, wieviel Geld sie zuletzt zum Ankauf europäischer Staatsanleihen in die Hand genommen hat. In der vergangenen Woche erwarb sie für 22 Milliarden Euro Schuldtitel von Euro-Ländern. Die EZB hat damit Staatsanleihen im Wert von 96 Milliarden Euro in ihren Büchern, vor allem griechische, portugiesische und irische. Zuletzt dürfte sie aber vor allem Papiere aus Spanien und Italien gekauft haben. Die Maßnahme ist umstritten, Kritik kommt auch von der Bundesbank.