Generalstreik in Portugal mit mäßigem Erfolg
Lissabon (dpa) - Mit dem dritten Generalstreik innerhalb von 16 Monaten haben Zehntausende im hoch verschuldeten Portugal gegen das Sparprogramm der Regierung protestiert.
Der 24-stündige Ausstand legte am Donnerstag vor allem den öffentlichen Nah- und Fernverkehr im ärmsten Land Westeuropas weitgehend lahm. Die Stationen der für Lissabon sehr wichtigen U-Bahn blieben etwa seit Mitternacht komplett geschlossen. Neben dem Transportsektor seien unter anderem auch die Müllabfuhr, die Postverteilung, das Gesundheits-, das Schul- und das Justizsystem ziemlich stark beeinträchtigt worden, berichteten Medien.
Arménio Carlos, der Chef des größten Gewerkschaftsdachverbandes des Landes, des 800 000 Mitglieder starken CGTP, sprach von einem Erfolg, räumte allerdings eine zum Teil geringere Beteiligung als beim letzten Generalstreik im vergangenen November ein. „Es ist schwer, die Menschen zu mobilisieren“, sagte er.
Die liberal-konservative Regierung von Pedro Passos Coelho gab zunächst keine Stellungnahme ab. Es handelte sich um den achten Generalstreik in Portugal seit der „Nelkenrevolution“ und der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1974. Im Gegensatz zu den beiden jüngsten Generalstreiks im November 2010 und 2011 wurde dieser Ausstand vom CGTP allein organisiert. Der zweitwichtigste Arbeiterbund des Landes, der UGT, verweigerte dem Protest diesmal seine Unterstützung.
Der harte Reformkurs ist nach Einschätzung von Ökonomen nötig, um dem Schicksal Griechenlands zu entgehen. Es sei nicht verwunderlich, dass „Portugal fast schon als ein zweites Griechenland angesehen wird“, schreibt das Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW). Allerdings verfüge Portugal im Vergleich zu Griechenland über eine bessere Ausgangsposition zur Überwindung der Krise. Sparen alleine werde nicht ausreichen, schreiben die IfW-Experten. Der Standort Portugal müsse für mögliche Investoren attraktiver und die Investitionen rentabler werden. „Nur so entsteht eine Entwicklungsperspektive, die bei den einzelnen Bevölkerungsgruppen eine Akzeptanz für die unvermeidbaren Opfer eines strukturellen Neubeginns schaffen kann.“
Der Streik traf - anders als im November - die Urlauber aus Deutschland und anderen Ländern kaum. Die Lage auf den Flughäfen war weitgehend normal, die portugiesische Airline TAP musste nach eigenen Angaben nur zwei Flüge absagen. Skeptisch äußerte sich nicht nur der angesehene Politik-Professor Jaime Nogueira Pinto: „In einer Zeit, in der es in der Tat für niemanden etwas gibt, macht ein solcher Streik meiner Meinung nach nicht viel Sinn“, meint er.
Portugal hängt seit 2011 am internationalen Finanztropf, als drittes Euroland nach Griechenland und Irland. Als Gegenleistung für das 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) verpflichtete sich Lissabon zur Senkung des Haushaltsdefizits von 9,8 (2010) auf 5,9 (2011) sowie auf 4,5 Prozent im laufenden Jahr.
Im Zuge der Sparbemühungen wird die seit zehn Jahren schwächelnde Wirtschaft 2012 nach Regierungsschätzung um 3,3 Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosenrate soll auf ein neues Rekordniveau von bis zu 15 Prozent klettern. In diesem Jahr werden in Portugal unter anderem die Ausgaben für Gesundheit und Bildung um zehn Prozent gesenkt. Den Bediensteten und Rentnern des Staates werden das 13. und das 14. Gehalt zum größten Teil ganz gestrichen.