Entschädigungen verweigert Gericht verhandelt über Klagen nach Tuifly-Flugausfällen

Hannover (dpa) - Vor dem Amtsgericht Hannover sind am Dienstag zwei Entschädigungsklagen von Tuifly-Reisenden wegen entgangener oder verminderter Urlaubserholung verhandelt worden.

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Sie fielen zusammen mit der Hauptversammlung der Tuifly-Mutter, dem Tui-Reisekonzern, der trotz massenhafter Flugausfälle mit weniger Verlust ins Geschäftsjahr startete.

Die Tuifly will den Kunden bisher keine Entschädigungen zahlen, sondern erstattet nur den Reisepreis. Sie beruft sich auf höhere Gewalt beziehungsweise außergewöhnliche Umstände. Richterin Catharina Erps will an diesem Mittwoch eine Entscheidung verkünden.

Sie drückte in der Anhörung bereits die Überzeugung aus, dass die Parteien wohl nächsthöhere Instanzen anrufen würden. Dieser Ansicht schloss sich auch der Anwalt eines Paares aus Nordrhein-Westfalen an. Er sprach von einem Präzedenzfall und kündigte am Rande des Verfahrens an, notfalls vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Ein endgültiger Beschluss könne sich somit bis zu zwei Jahre hinziehen. Seine Mandanten hatten im vergangenen Herbst auf dem Rückflug von Kos nach Düsseldorf eine mehr als dreistündige Verspätung und machen nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung daher eine Entschädigung von 400 Euro pro Person geltend.

Auf die gleiche Verordnung beruft sich eine fünfköpfige Familie aus Celle, deren Flug bei der Ankunft in Düsseldorf komplett gestrichen worden war. Sie fordert die gleiche Summe pro Person.

Hintergrund: Viele Piloten und Flugbegleiter hatten im Herbst 2016 die Arbeit niedergelegt. Zuvor war bekanntgeworden, dass Tuifly unter Führung der arabischen Fluglinie Etihad mit der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki in eine Holding integriert werden soll. An mehreren Tagen fielen reihenweise Flüge aus. An einem Tag fiel fast der gesamte Flugbetrieb aus. Die Flugausfälle im Oktober 2016 kosteten den Reisekonzern nach eigenen Angaben 22 Millionen Euro.

Tui musste insgesamt rund 3000 Reiseverträge kündigen, die meist mehrere zusammen reisende Personen betrafen. Viele Betroffene - darunter auch solche, deren Flüge erhebliche Verspätung hatten - reichten Klage ein. Allein in Hannover sind rund 700 Zivilverfahren anhängig.

Die Tui Deutschland betonte, dass sich die Amtsrichter in 2 von rund 30 ähnlichen Verfahren weitgehend der Haltung des Unternehmens angeschlossen hätten. So habe vergangene Woche sowohl in Nürtingen (bei Stuttgart) wie in Hannover jeweils ein Verfahren mit der Abweise einer entsprechenden Klage geendet. Tui macht geltend, dass die plötzliche Erkrankung des Bordpersonals kein Zufall, sondern eine Art wilder Streik gewesen sei. Das schließe Ersatzansprüche aus.

Trotz der massenhaften Flugausfälle bei Tuifly im Herbst 2016 ist der weltgrößte Reisekonzern Tui jedoch mit weniger Verlust in sein Geschäftsjahr gestartet. Im ersten Geschäftsquartal von Oktober bis Dezember stand unter dem Strich ein saisontypischer Verlust von knapp 118 Millionen Euro - und damit ein um ein Drittel geringerer Fehlbetrag als ein Jahr zuvor, wie Tui am Dienstag bei der Hauptversammlung in Hannover mitteilte. Der Umsatz zog konzernweit auf vergleichbarer Basis um gut 2 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro an. Reiseveranstalter schreiben im Winter in der Regel rote Zahlen. Ihre Gewinne fahren sie vor allem in der Hauptreisezeit im Sommer ein.