Gerichte beschäftigen sich mit Arcandor-Pleite

Essen (dpa) - Vier Jahre ist die Pleite des Arcandor-Konzerns schon her. Doch die juristische Aufarbeitung geht weiter. Diese Woche verhandeln Gerichte in Essen und Hamm über Boni und Abfindungen der Ex-Manager und den Vorwurf der Pflichtverletzung gegen Ex-Chef Thomas Middelhoff.

Vor dem Essener Landgericht fordert der Arcandor-Insolvenzverwalter am Montag (17.6.) von Middelhoff und anderen Ex-Vorständen in einem Zivilprozess Sonderboni und Abfindungen in Millionenhöhe zurück, weil sie überhöht gewesen seien. Die Manager weisen das zurück. Zwei Tage später beginnt am Mittwoch (19.6.) am Oberlandesgericht Hamm ein Berufungsverfahren gegen ein früheres Urteil. Middelhoff selbst wird aller Voraussicht nach zu beiden Prozessen nicht erscheinen.

In dem Berufungsverfahren wendet sich Middelhoff gegen ein Urteil des Landgerichts Essen. Es hatte im vergangenen Jahr Middelhoff und weiteren Ex-Vorständen des Essener Handels- und Touristikunternehmens in einem von fünf Fällen eine „schuldhafte Pflichtverletzung“ bescheinigt. Middelhoff, so das Gericht damals, sei „dem Grunde nach“ zum Schadenersatz (AZ: 41 O 45/10) verpflichtet. Ob und in welcher Höhe er dann tatsächlich Schadensersatz leisten muss, ist nach Rechtskraft des Urteils noch gesondert zu verhandeln.

Middelhoffs Rechtsanwalt Winfried Holtermüller zeigte sich vor dem Termin in Hamm sicher, dass die Überprüfung des Urteils zugunsten seines Mandanten ausfallen werde. „Das Urteil des Gerichts in Essen ist formal nicht in Ordnung. Es hat keine Gegenrechnung zum Verkauf gegeben, um einen entstandenen Schaden aufzuzeigen“, sagte Holtermüller der Nachrichtenagentur dpa.

Bei dem Streit ging es um den Vorwurf des Insolvenzverwalters, dass Arcandor durch den Verkauf von fünf Karstadt-Häusern an den Oppenheim-Esch-Fonds und das spätere Zurückmieten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Das Gericht hatte die Klage des Insolvenzverwalters in vier Fällen abgewiesen. Beim Verkauf des Wiesbadener Karstadt-Hauses im Jahr 2005 sah das Gericht allerdings eine schuldhafte Pflichtverletzung. Es geht um eine Forderung des Insolvenzverwalters von insgesamt 175 Millionen Euro - im Fall des Karstadt-Gebäudes in Wiesbaden laut zwei Gutachten um 30 bis 46 Millionen Euro.

Ohnehin habe das Gericht in der ersten Instanz festgestellt, dass Middelhoff nicht mit Vorsatz gehandelt habe, sagte der Anwalt. Damit würde die Managerhaftpflichtversicherung für einen eventuellen Schaden aufkommen. Nach Auskunft des Middelhoff-Anwalts wird keiner der elf Beschuldigten vor Gericht erscheinen.

In dem Essener Zivilprozess am Montag sollen sechs Zeugen vernommen werden. Ein Thema sind dabei neben der Angemessenheit von Boni und Abfindungen auch Charterflugzeuge von Middelhoff, für die Arcandor aus Sicht des Insolvenzverwalters zu Unrecht die Kosten übernommen hat. Insgesamt 24 Millionen Euro fordert der Insolvenzverwalter von den Beklagten, davon rund 16 Millionen Euro von Middelhoff. Bereits Ende 2011 lag einmal ein Vergleichsvorschlag mit nur einstelligen Millionensummen auf dem Tisch. Der Insolvenzverwalter hatte zugestimmt. Die beklagten Ex-Manager lehnten aber ab, deshalb wird weiterverhandelt. Sie halten die Forderungen für unbegründet.