Griechen erschlichen sich Hilfen für Behinderte
Athen (dpa) - Zehntausende Griechen haben sich nach Regierungsangaben jahrelang als behindert ausgegeben und sich so Zuschüsse vom Staat erschlichen. Wie das Gesundheitsministerium in Athen mitteilte, hat die Unterstützung nur 50 000 von 240 000 Behindertenhilfe-Empfängern tatsächlich zugestanden.
Das habe eine umfangreiche Kontrolle ergeben. Erst Anfang des Jahres war bekanntgeworden, dass auch viele Renten zu Unrecht gewährt worden waren. Im Kampf gegen das Problem des Sozialbetrugs verzeichnet die Regierung jetzt erste Erfolge.
Hochburg der gefälschten Behinderten-Bescheinigungen sei die Insel Zakynthos, sagte der zuständige Staatssekretär Markos Bolaris im Rundfunk. Dort leben etwa 38 000 Menschen. 700 von ihnen waren angeblich blind - fast zehnmal so viele wie normal, sagen Augenärzte. Nur 100 Betroffene erschienen allerdings, als sie sich für die Kontrollen melden sollten, sagte der zuständige Staatssekretär Markos Bolaris im Rundfunk. Tatsächlich blind waren 60 von ihnen.
Inzwischen befasst sich die Staatsanwaltschaft mit dem Thema. Das Gesundheitsministerium forderte eine strafrechtliche Verfolgung der Betrüger und derer, die gefälschte Bescheinigungen ausgestellt haben. Den finanziellen Schaden schätzt das Ministerium auf einen Betrag im zweistelligen Millionenbereich. Die Kontrollen dauern an.
Sozialbetrug sorgte im schuldengeplagten Griechenland schon mehrfach für Schlagzeilen. Zu Jahresbeginn stoppte Athen die Auszahlung von insgesamt 63 500 Renten. Das Geld war an nicht existierende oder nicht mehr lebende Personen gegangen oder wurde nach falschen Angaben berechnet, wie aus einem Bericht des Arbeitsministeriums hervorging.
Mit dem Zahlungsstopp würde der Staat und seine Rentenkassen knapp 450 Millionen Euro jährlich sparen. Ähnliche Fälle waren schon 2011 öffentlich geworden: Der Pensionsfonds IKA stoppte die Zahlungen für 1473 Pensionäre, die in Wirklichkeit nicht mehr lebten.
Mit Ausgabenkontrollen sagt die Regierung dem Betrug aus den eigenen Reihen den Kampf an - mit Erfolg. Der Chef des EU-Expertenteams „Task Force“, Horst Reichenbach, sagte dem „Handelsblatt“ (Montag): „Die Fortschritte bei der Budgetkontrolle sind erstaunlich. Es gibt inzwischen erstmals einen kompletten Überblick über die Ausgaben des Landes, sowohl auf zentraler Ebene wie auch in den Regionen und im Lokalen.“
Auch die Bürger selbst wollen mit anpacken: Nach Ansicht von Premierminister Lucas Papademos steht eine „große, schweigende Mehrheit“ der Griechen hinter der Sparpolitik. Trotz der jüngsten Proteste seien die meisten Griechen bereit, alles Notwendige für den Verbleib in der Eurozone zu tun, sagte Papademos in einem Interview mit der „Financial Times“ (Montagausgabe).