Griechenland verhagelt Commerzbank-Gewinn
Frankfurt/Main (dpa) - Ein Gewinneinbruch in der Schuldenkrise nimmt der Commerzbank nicht die Hoffnung auf bessere Zeiten. „Wir sind heute eine wesentlich stabilere Bank mit weniger Risiken und mehr Kapital als 2008“, betonte Konzernchef Martin Blessing in Frankfurt.
Ihr gigantisches Kapitalloch will die Bank in jedem Fall ohne erneute Staatshilfe stopfen. Dazu sind auch 1,2 Milliarden Euro Gewinn aus dem ersten Halbjahr 2012 eingeplant. Der Start ins Jahr war allerdings schwach, wie Finanzvorstand Eric Strutz einräumte. Das Geschäft laufe aber allmählich wieder besser.
Im vergangenen Jahr ließen milliardenschwere Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen den Überschuss der zweitgrößten deutschen Bank um mehr als die Hälfte auf 638 Millionen Euro (Vorjahr: 1,4 Mrd) einbrechen. Der Rückkauf von Hybridpapieren rettete den Gewinn.
Die Bilanz wurde durch die Euro-Schuldenkrise mit rund 2,3 Milliarden Euro belastet. Die Bank schrieb ihre Hellas-Anleihen um knapp 74 Prozent ab. Blessing räumte ein: „Die Abschreibung auf Griechenland hatten wir ehrlich gesagt - auch in dieser Größenordnung - Anfang letzten Jahres nicht auf dem Radarschirm.“
Der Konzernchef betonte zugleich: „Wir sind operativ auf einem guten Weg. Alle Segmente der Kernbank haben 2011 schwarze Zahlen geschrieben.“ Im vergangenen Jahr verdiente das Kerngeschäft - mit Privatkunden, Mittelstandsbank, Osteuropageschäft und Investmentbanking - operativ 4,5 Milliarden Euro und damit 2,5 Milliarden mehr als 2010. 2012 traut Blessing dem Kerngeschäft ein „solides operatives Ergebnis“ zu. Die Vorsorge für faule Kredite soll aber von 1,4 Milliarden auf 1,7 Milliarden Euro steigen.
Ursprünglich hatte die Bank für 2012 konzernweit einen operativen Gewinn von vier Milliarden Euro angestrebt. Nun hält der Vorstand dieses Ziel erst um 2015 für realistisch. Beim Aufbessern des Kapitalpuffers für Krisen indes sieht sich die Bank auf Kurs: Knapp zwei Drittel der Anforderungen der europäischen Bankenaufsicht EBA seien erfüllt. Die EBA hatte ein 5,3 Milliarden-Euro-Loch ausgemacht.
Trotz der letztlich schwarzen Zahlen 2011 zahlt die Commerzbank erneut keine Zinsen auf die nach der Dresdner-Übernahme in der Finanzkrise 2008/2009 erhaltene staatlichen Rettungsmilliarden. Nach dem für die Zinszahlung maßgeblichen deutschen Bilanzrecht HGB ergab sich ein Verlust von 3,6 Milliarden Euro. Eine Sonderzahlung an den Bankenrettungsfonds Soffin im Zuge der Tilgung des Löwenanteils der Staatshilfe ist darin ebenso enthalten wie Abschreibungen auf den Buchwert der Eurohypo. Die Zukunft der Eurohypo ließ Blessing offen.
Dem Bund entgehen rund 170 Millionen Euro Zinszahlungen für die verbliebenen 1,9 Milliarden Euro Stille Einlage. Auch die Aktionäre gehen leer aus: Eine Dividende für 2011 gibt es nicht. Blessing versicherte: „Es bleibt unser Ziel, die Stillen Einlagen des Soffin künftig zu bedienen und natürlich auch wieder eine Dividende zu zahlen.“ Er verwies jedoch zugleich auf das weiterhin schwierige Umfeld wegen der anhaltenden Schuldenkrise in Europa.
„Der Steuerzahler hat bis jetzt keinen Nachteil aus der Stillen Einlage“, ergänzte Blessing. Im Zuge der Rückzahlung von 14,3 Milliarden der Staatshilfe hatte die Bank eine Einmalzahlung von gut einer Milliarde Euro geleistet. „Das liegt über den Refinanzierungskosten des Bundes bei diesen Themen“, sagte Blessing. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, äußerte sich kritisch: „Fakt ist: Auch 2011 nutzt Blessing Buchungsspielräume, um sich vor der Bedienung der Stillen Einlage zu drücken.“
Zur weiteren Stärkung ihrer Kapitalbasis plant die Commerzbank eine Kapitalerhöhung und will bis zu knapp zehn Prozent neue Aktien ausgeben. Diese sollen den Eigentümern bestimmter Anleihen angeboten werden. Der Bund soll seinen 25-Prozent-Anteil behalten, indem ein Teil der Stillen Einlage in Aktien umgewandelt wird. Die Transaktion soll das Kapital um bis zu rund eine Milliarde Euro stärken.