Händler beschert Schweizer UBS Milliardenverlust

Zürich (dpa) - Ein neuer Skandal erschüttert die UBS: Ein Wertpapierhändler soll der größten Schweizer Bank durch unerlaubte Geschäfte rund zwei Milliarden Dollar Verlust beschert haben. Die Polizei in der Londoner City nahm am Donnerstag einen 31-Jährigen fest.

Der britischen Finanzaufsicht (Financial Services Authority/FSA) zufolge arbeitete er seit 2007 bei der UBS. Die UBS, an deren Verwaltungsratsspitze ab 2013 Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber stehen soll, sah sich aufgrund des Milliardenschadens zu einer Gewinnwarnung gezwungen. Im dritten Quartal müsse der Konzern möglicherweise ein Minus ausweisen, teilte das Institut mit. Der Wertpapierhändler soll für seine Handelsgeschäfte keine Erlaubnis gehabt haben. Die UBS-Aktie brach ein.

Die Polizei der Londoner City teilte am späten Nachmittag mit, der 31 Jahre alte UBS-Mitarbeiter bleibe weiter in Gewahrsam, die Ermittlungen in dem Fall gingen weiter. Nach Angaben der Universität von Nottingham hat der Mann dort 2003 einen Bachelor in E-Commerce und Digitalwirtschaft absolviert. Von 1992 bis 1998 besuchte er ein Internat in West Yorkshire.

Wie die Onlineausgabe der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) berichtete, wurde die UBS kalt erwischt. Die Verluste seien im Aktienhandel in London entstanden und erst am Mittwochnachmittag entdeckt worden. Aufsichtsbehörden aus der Schweiz, Großbritannien und den USA seien eingeschaltet.

Die Milliardenverluste erinnern an spektakuläre Fälle von Finanzbetrügern wie den französischen Börsenhändler Jérôme Kerviel in Paris bei der Société Générale oder den britischen Finanzjongleur Nick Leeson, der den Zusammenbruch der Barings-Bank auslöste.

Bei der Verlusthöhe von zwei Milliarden US-Dollar (knapp 1,5 Mrd Euro) handele es sich um eine Schätzung, teilte die UBS mit. Kunden seien von dem Schaden nicht betroffen. Die Untersuchung der Vorfälle dauere an, berichtete die Bank, ohne nähere Einzelheiten zu nennen.

Die Bank versuchte auch, ihre Mitarbeiter zu beruhigen. In einer E-Mail von Konzernchef Oswald Grübel heißt es nach einem Bericht der „NZZ“, es handele sich um eine „bedauerliche Nachricht“. Allerdings werde die „fundamentale Stärke unseres Unternehmens dadurch nicht beeinträchtigt“. Die Konzernleitung fordert die Mitarbeiter auf, „sich weiterhin auf Ihre Kunden zu konzentrieren“. Diese zählten in diesen unsicheren Zeiten auf ihre Unterstützung.

Die Probleme der UBS reißen nicht ab. Die größte Schweizer Bank gehört in Europa zu den Banken, die am schwersten von der Finanzkrise getroffen wurden. Sie häufte in den Jahren 2007 und 2008 knapp 28 Milliarden Franken (fast 19 Mrd Euro) an Verlusten an und musste vom Staat gerettet werden. Mit 60 Milliarden Franken wurde die Bank schließlich gestützt. Mehr als 10 000 Mitarbeiter verloren ihren Job. Anfang des Jahres hatte sich der Credit-Suisse-Konkurrent noch auf dem Wege der Besserung gezeigt.

Im zweiten Quartal gab es dann aber wegen Problemen im Investmentbanking erneut einen Rückschlag. Der Gewinn brach wieder ein. Im ersten Halbjahr sank der Gewinn vor Steuern aus dem operativen Geschäft fast um ein Drittel auf 3,9 Milliarden Franken . Jetzt droht gar abermals ein Verlust. UBS-Chef Oswald Grübel setzt daher erneut den Rotstift an und will weitere Stellen streichen.

Der jetzt verursachte Milliardenschaden ist Wasser auf die Mühlen von Kritikern des Bankensystems, in dem noch immer Händler scheinbar ohne Kontrolle zocken. Prominentester Fall ist bisher der französische Händler Kerviel. Er soll Anfang 2008 seinen Arbeitgeber Société Générale mit Wetten auf den Dax und EuroStoxx 50 ohne Wissen seiner Vorgesetzten um knapp fünf Milliarden Euro gebracht haben.

Kerviel wurde deswegen 2010 zu einer fünfjährigen Haftstrafe und zu Schadenersatz in der verursachten Milliardenhöhe verurteilt. Die Richter hatten es als erwiesen angesehen, dass Kerviel auf eigene Faust gehandelt hat. Kritiker bezweifeln dies - und sollte es tatsächlich so sein, so habe das Risikomanagement der französischen Bank versagt, so ihre Argumentation.

Der Fall in Frankreich ist der bisher größte dieser Art. Es gibt jedoch noch eine Reihe ähnlicher Fälle. So hatte beispielsweise Nick Leeson für Schlagzeilen gesorgt. Der Händler hatte mit Wetten auf steigende japanische Aktienkurse 1,4 Milliarden US-Dollar in den Sand gesetzt und damit die britische Traditionsbank Barings zu Fall gebracht.

Am Aktienmarkt wurde die Nachricht der UBS mit deutlichen Kursverlusten quittiert. Das Papier verlor mehr als zehn Prozent. Seit Mitte Februar büßte der Wert der Bank am Aktienmarkt rund 50 Prozent ein. Mit Kursen von rund 10 Franken ist die Aktie so billig wie zuletzt im Frühjahr 2009. Händler fürchten vor allem einen anhaltenden Imageschaden für die Bank. „Die Frage ist, wie sie das wieder hinbekommt“, sagte ein Händler. Gerade in ihrem Kerngeschäft, der Verwaltung großer Vermögen, brauche die UBS das Vertrauen der Kunden.