Handel im Rabatt-Fieber
Ohne Nachlass lassen sich viele Kunden nicht mehr zum Kauf animieren. Doch der Preis für die Strategie ist hoch.
Düsseldorf. Rabatte über Rabatte. Die Verbraucher werden in diesem Jahr so heftig wie lange nicht mehr mit umfangreichen Preisnachlässen umworben. Das gilt nicht nur für Mode, sondern auch für Autos. Können Handelsunternehmen den Nachlässen entkommen? Ziehen dicke Prozentzeichen bei König Kunde noch in dem Maße?
„Wir merken, die Abkehr von der ,Rabattitis’ ist aktuell eines der zentralen Themen im Handel und für alle Markenhersteller. Alle sind im Preiskampf, bis auf ein paar wenige Luxusmarken“, schildert der Düsseldorfer Werbe- und Markenexperte Frank Dopheide. Das Internet bringe als Vertriebsplattform massiven Druck.
„Jeder beschäftigt sich mit der Frage, wie sieht unser ,Methadon’-Programm gegen die ,Rabattdroge’ aus.“ Die Gefahr, dass Firmen bei Absatzproblemen reflexartig wieder zum Mittel Preissenkungen greifen, sei groß. Manche Händler lernten dazu, andere verfolgten von vornherein ein anderes Konzept.
Das Zurückdrehen von Rabatten geht nach Ansicht der Preisberatung Simon-Kucher nicht von heute auf morgen: „Es ist ein langer Weg, es ist ein schwieriger Weg. Aber ein Weg, der schon beim ersten Schritt Geld bringt“, sagt Firmenchef Georg Tacke.
Jeder kleine Schritt weg von Aktionen — 17 statt 20 Prozent Rabatt etwa, vielleicht überraschende oder gezielte Rabatte — stellten einen ersten Erfolg dar, die inzwischen insolvente Baumarktkette Praktiker sei ein abschreckendes Beispiel für stumpf wiederkehrende Rabatte. „Es ist schlimm, wenn ich von einem Unternehmen nur noch weiß, dass es 20 Prozent auf alles gibt“, so Tacke.
Wie stark springen die Kunden auf Rabatte an? Reiner Preiskampf führe nur kurz zu einer Belebung des Geschäfts, so Stephan Grünewald vom Rheingold Institut in Köln. „Meist tritt bei den Konsumenten nach kurzer Zeit der Effekt ein, dass man sich nicht mehr belohnt, sondern rückblickend bestraft fühlt, weil man sich fragt, warum habe ich früher so viel bezahlt?“ Sonderangebote funktionierten nur zeitlich begrenzt.