Hedgefonds übertrumpfen Banken

London/New York (dpa) - Die Banken sind nicht länger die unangefochtenen Könige der Finanzwelt: Mit nur wenigen hundert Mitarbeitern erzielen die umstrittenen Hedgefonds gigantische Gewinne und lassen dabei die hunderttausende Menschen zählenden Apparate der Großbanken nicht selten alt aussehen.

Im zweiten Halbjahr 2010 haben die zehn größten Hedgefonds insgesamt 28 Milliarden Dollar verdient, rechnete der Investor LCH aus. Das sei mehr als die renommierten Finanzkonzerne Goldman Sachs, JPMorgan Chase, Citigroup, Morgan Stanley, Barclays und HSBC zusammen erwirtschafteten. Die sechs im Investmentbanking starken Institute kamen demnach auf 26 Milliarden Dollar.

Die „Financial Times“ veröffentlichte die Aufstellung am Mittwoch und ließ sich zu dem Urteil hinreißen: „Für die Welt da draußen sehen Hedgefonds oft wie Investmentbanken auf Speed aus: mit viel größeren Boni, viel größeren Risiken und viel größeren Gewinnen.“ Seit ihrem Entstehen ab den 1970er Jahren hat die zumeist aus den USA stammende Hedgefonds-Elite insgesamt 182 Milliarden Dollar verdient.

Der Star unter den Hedgefonds ist momentan Paulson & Co. Mit etwa 120 Mitarbeitern hat der Spekulant den Daten zufolge 5,8 Milliarden Dollar im Halbjahr für seine Anleger herausgeschlagen und damit die Wall-Street-Geldmaschine Goldman Sachs in den Schatten gestellt. Die zuletzt 35 700 gutverdienenden Banker erzielten im gleichen Zeitraum unterm Strich einen Gewinn von 3,9 Milliarden Dollar.

Hedgefonds haben den Vorteil, dass sie weit weniger scharf reglementiert werden als Banken. Sie wetten auf steigende und fallende Kurse, auf Aktien, Anleihen, Währungen, Rohstoffe oder Immobilien und nutzen dafür teils obskure Finanzvehikel. Sie können blitzschnell ihre Strategie wechseln oder sind in zig Anlageformen gleichzeitig aktiv. Um ein noch größeres Rad drehen zu können, finanzieren sie Geschäfte auch auf Pump und gehen dabei hohe Risiken ein.

Den Banken sind diese Möglichkeiten nach den Erfahrungen der Finanzkrise vielfach versperrt. Die USA haben die Geldhäuser bei ihrem sogenannten Eigenhandel stark eingeschränkt. In den Jahren 2008 und 2009 hatte nur das Eingreifen des Staates verhindert, dass die gesamte Finanzbranche wegen ihrer Spekulationswut zusammenbricht. Auch in Deutschland mussten die Steuerzahler einspringen - bei der Commerzbank, der Hypo Real Estate, diversen Landesbanken oder der Mittelstandsbank IKB.

Die großen Hedgefonds haben sich rasch von den Turbulenzen erholt oder mit geschickten Investitionen sogar an ihnen verdient. Zu den Vätern der Business gehört der legendäre George Soros. Sein Quantum-Fonds hat den Daten zufolge seit der Gründung 1973 den Anlegern Gewinne in Höhe von 35 Milliarden Dollar bescherrt. Weltbekannt wurde der gebürtige Ungar 1992, als er gegen das britische Pfund wettete, die Bank of England in die Knie zwang und am Ende 1 Milliarde Dollar kassierte.

John Paulson erwirtschaftete mit seinem Hedgefonds Paulson & Co. seit dessen Gründung 1994 unterm Strich gut 32 Milliarden Dollar. Er war durch seine Finanzwetten gegen den US-Hypothekenmarkt 2007 zu einiger Berühmtheit gelangt. Er hatte damals den richtigen Riecher, dass die Immobilienblase in den USA platzen würde. Im vergangenen Jahr machte er nach Angaben des „Wall Street Journal“ den größten Reibach in der Investmentgeschichte, indem er persönlich einen Profit von 5 Milliarden Dollar einstrich.

Die Summe dürfte Jamie Dimon, dem Chef von JPMorgan Chase und Großverdiener unter den Bankbossen, die Tränen in die Augen treiben. Seine gut 18 Millionen Dollar Jahresgehalt wirken dagegen fast wie ein Hungerlohn.