Hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa: Deutschland will ausbilden
Schwerin (dpa) - Wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland stehen nach Überzeugung von Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise in der Pflicht, Süd- und Osteuropa bei der Bekämpfung der extrem hohen Jugendarbeitslosigkeit zu helfen.
„Wenn die erste Erfahrung im Berufsleben Arbeitslosigkeit ist, hat das fatale Folgen. Wie soll man dann noch junge Leute für unser Wirtschaftssystem und für Europa begeistern“, sagte Weise am Donnerstag auf einer Fachkonferenz in Schwerin. Die Tagung wurde veranstaltet von der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Jüngsten Angaben zufolge liegt die Jugendarbeitslosigkeit in südeuropäischen Krisenländern wie Spanien und Griechenland bei 50 bis 60 Prozent. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten als Reaktion darauf die sogenannte Jugendgarantie beschlossen.
Danach sollen arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren binnen vier Monaten ein Angebot für einen Job, eine Ausbildung oder zumindest ein Praktikum bekommen. Laut Weise stehen dafür insgesamt acht Milliarden Euro bereit.
Für junge Leute aus Krisenländern könne auch eine Berufsausbildung in Deutschland Sprungbrett ins Berufsleben sein. Im Programm MobiPro EU stelle die Bundesregierung insgesamt 360 Millionen Euro dafür bereit.
Das Interesse sei groß, sagte Weise. „Die duale Ausbildung bei uns hat ihre Vorzüge. Und der große Vorteil der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ja, dass die jungen Leute nach Abschluss der Ausbildung selbst entscheiden können, wo sie arbeiten wollen“, sagte der BA-Vorstandsvorsitzende.
Die Situation sei vergleichbar mit den Nachwendejahren, als junge Ostdeutsche mangels beruflicher Perspektiven in der Heimat zur Ausbildung in die Schweiz oder nach Österreich gegangen seien. „Einige blieben dort, andere kehrten zurück, als sich die wirtschaftliche Situation verbesserte“, erklärte Weise.
Wie Frank Böttcher von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der BA sagte, liegen bislang 9000 Anträge für Ausbildungen oder Praktika in Deutschland vor. Knapp die Hälfte der Bewerber habe mit Vorbereitungskursen begonnen. „Wir sind damit schon an der Finanzgrenze für dieses Jahr“, sagte Böttcher.
Für 2014 stünden 48 Millionen Euro zur Verfügung. Die deutsche Wirtschaft könne von einer solchen Zuwanderung profitieren, denn immer häufiger blieben Lehrstellen unbesetzt, Fachkräftemangel drohe.
Nach Angaben von Alexandra Ioannidou, derzeit für die Friedrich-Ebert-Stiftung in Athen tätig, ist in Griechenland weniger die Ausbildung als vielmehr der Mangel an Jobs das Problem. „Zwei von drei jungen Leuten erwägen deshalb bereits, ins Ausland zu gehen. Und anders als in den 60er Jahren sind es nun die gut ausgebildeten Fachleute, die dem Land den Rücken kehren. Denn selbst Ingenieure, IT-Spezialisten und Ärzte finden keine Arbeit“, erklärte sie.