Hohe Mieten: Mieterbund fordert gesetzliche Obergrenze
Berlin (dpa) - Der Wohnungsmarkt in vielen Großstädten ist wie leergefegt. Für die Mieter explodieren die Kosten. Jetzt muss die Politik ran, fordern Mietervertreter.
Angesichts rapide steigender Mieten in deutschen Großstädten hat der Deutsche Mieterbund erneut eine gesetzliche Obergrenze bei Neuverträgen gefordert. „Wo die Nachfrage da ist, schießen die Mieten in den vergangenen zwei bis drei Jahren richtig durch die Decke“, sagte Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten am Mittwoch in Berlin. Während es im laufenden Mietverhältnis bereits Beschränkungen gebe, könnten Neuvertragsmieten bislang einfach erhöht werden. Jetzt sei Zeit, dass auch hier eingegriffen werde.
Der Mieterbund schlägt auch dann eine Kopplung der Miete an den Mietspiegel vor, wenn jemand neu in eine Wohnung einzieht. Im Idealfall sollten die Mieten nicht mehr als zehn Prozent über den ortsüblichen Beträgen liegen. „Wir könnten aber auch mit 15 Prozent leben“, sagte Siebenkotten. „Das würde schon richtig weiterhelfen.“
Die Forderung ist nicht neu und hat auch in der Politik bereits Unterstützer gefunden. So fordert die SPD-Fraktion im Bundestag eine Deckelung auf maximal zehn Prozent über der Vergleichsmiete. Auch die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Caren Lay, sprach sich für gesetzliche Höchstmieten aus. Die Bundesregierung müsse ein „Stoppzeichen“ setzen, um „die schleichende Ausplünderung der Mieter zu beenden“.
Die Mieten in Deutschland sind dem Statistischen Bundesamt zufolge in den vergangenen zehn Jahren um 11,4 Prozent gestiegen. Damit nahmen sie weniger stark zu als die Verbraucherpreise insgesamt (plus 17,3 Prozent). Regional gebe es aber deutliche Unterschiede und auch Gegenden mit sehr starken Mietsteigerungen, betonte Experte Thomas Krämer. Vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Berlin hätten die Mieten seit 2005 um rund zehn Prozent angezogen. Auch in einzelnen Universitätsstädten und an der Rheinschiene sei ein vergleichbarer Anstieg zu beobachten. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Teilen von Sachsen dagegen gebe es oft noch sehr günstigen Wohnraum.
Rapide steigende Mieten seien vorrangig ein Problem der Großstädte, räumte auch Siebenkotten ein. „In attraktiven Citylagen schlagen Eigentümer bei einem Mieterwechsel bis zu 30 Prozent auf die Mieten drauf“, kritisierte er im Gespräch mit den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. In ländlichen Gebieten vor allem in Ostdeutschland dagegen fielen die Mietsteigerungen deutlich geringer aus.
Der Eigentümerverband Haus&Grund bezeichnete eine weitere Grenze für Mieterhöhungen als „vollkommen überflüssig“. Die jährlichen Mietsteigerungen hätten zuletzt fast immer unter der Inflationsrate gelegen, betonte Präsident Rolf Kornemann. Nicht die steigenden Nettokaltmieten seien der Grund für explodierende Preise, sondern unter anderem immens hohe Energiekosten. Durch die Energiewende und den demografischen Wandel seien derzeit zudem enorme Investitionen von den Vermietern gefordert, die durch Mieteinnahmen ausgeglichen werden müssten.
Die Mieten in Neuverträgen sind nach Einschätzung der Mietrechts- Expertin Beate Heilmann vom Deutschen Anwaltverein derzeit „fast ein rechtsfreier Raum“. Bisher würden Erhöhungen vom Markt bestimmt. Eine Grenze gibt es laut Heilmann nur bei Mietwucher, also wenn die Neumieten um 50 Prozent über den ortsüblichen Mieten liegen. Wenn Mieter nachweisen könnten, dass die Vermieter eine Wohnungsnotlage ausnutzen, könnten sie auch gegen Mieten vorgehen, die um 20 Prozent über dem Mietspiegel liegen.
Rechtliche Bedenken gegen eine Mietobergrenze sehe sie aber nicht, sagte Heilmann. „Ein solches Gesetz ist möglich.“ Es schränke allerdings die Vermieter stark ein und greife auch in ihr Recht ein, aus Eigentum wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Auch die enormen Folgen unter anderem auf die Bestandsmieten seien zu bedenken. Entwickele sich der Mietspiegel nicht weiter, würden auch Bestandsmieten nahezu eingefroren.