ING-DiBa sieht 2011 gute Wachstumschancen

Frankfurt/Main (dpa) - Europas größte Direktbank ING-DiBa sieht für sich auch 2011 gute Wachstumschancen. „Ich bin positiv eingestellt und erwarte Wachstum bei Kunden, Einlagen, Gewinn“, sagte der seit Oktober amtierende Vorstandsvorsitzende Roland Boekhout in einem Gespräch mit der dpa.

„Es gibt keine Anzeichen, dass Kunden wegen der Krise von den Direktbanken in die Filialen der Konkurrenz überlaufen.“

Im Gegenteil: Im abgelaufenen Jahr steigerte die auf Privatkunden konzentrierte ING-DiBa die Zahl ihrer Kunden in Deutschland und Österreich insgesamt von knapp unter auf über sieben Millionen. Die Summe aus Einlagen von Privatkunden, Krediten an Privatkunden sowie verwaltetem Depotvolumen („Retail Balances“) erhöhte sich binnen Jahresfrist von 138 Milliarden auf 150 Milliarden Euro.

„Bei Konsumentenkrediten haben wir noch Potenzial“, sagte Boekhout. „Aber wir betreiben das mit Vorsicht: Man kann sehr schnell wachsen - und bekommt dann später die Rechnung“ Auch das relativ neue Girokontoangebot der 100-Prozent-Tochter der niederländischen Großbank ING will der Niederländer ausbauen: „Das ist wichtig für eine langfristige Kundenbeziehung: Wir wollen den Kunden vom Gehaltskonto bis zur Baufinanzierung begleiten.“

Zurückhaltend zeigte sich der 47-Jährige bei der Frage, ob die Bank neue Produkte anbieten oder zusätzliche Märkte erschließen wolle. „Im Moment habe ich nicht den Eindruck, dass wir neue Produkte brauchen, um unsere Kunden zufriedenzustellen.“ Die ING-DiBa verdient ihr Geld vor allem mit klassischen Sparprodukten und Baufinanzierung.

Eine Ausweitung des Auslandsgeschäfts über Österreich hinaus schließt Boekhout derzeit aus: „Das Potenzial liegt für uns in Deutschland.“ Und dort sollen die Privatkunden der Schwerpunkt bleiben: „Wir haben so großes Potenzial bei unseren Privatkunden, dass wir derzeit nicht das Geschäft mit Kleinunternehmen suchen. Wir brauchen diesen Bereich nicht für unser Wachstum.“

Insgesamt bietet die Branche für Boekhouts Geschmack immer noch zu viele komplizierte Produkte an - trotz des Schocks der Finanzkrise. Die deutsche Bankenlandschaft hält der 47-Jährige wie sein Vorgänger Ben Tellings, der inzwischen Vorsitzender des ING-DiBa-Aufsichtsrates ist, für zu kleinteilig: „In Deutschland gibt es sehr viele Banken. Für die Kunden ist das nicht gut: Ein teures Netzwerk, eine teure Infrastruktur muss aufrechterhalten werden - und einer muss dafür zahlen. Letztlich sind das die Kunden.“

Allerdings ist der ansonsten vor Optimismus strotzende ING-DiBa- Chef wenig zuversichtlich, dass es bald neue Strukturen geben wird: „Ich glaube nicht, dass sich die deutsche Bankenlandschaft wegen der Krise jetzt schnell ändern wird. Eine Revolution wäre auch nicht gut, denn Kunden brauchen stabile Banken.“

Boekhout startete seine Karriere bei der ING 1991 und leitete seit 2008 das Firmenkundengeschäft in Zentral- und Osteuropa, ehe er zum Vorstandschef wurde. Er ist Vater von zwei Jungen und zwei Mädchen.