Irland und EU feilen an Hilfspaket
London/Dublin (dpa) - In den Gesprächen über ein bis zu 100 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für Irland ist die niedrige irische Körperschaftssteuer der Insel in den Fokus gerückt. Die Steuer sei „nicht verhandelbar“.
Das hatte die stellvertretende irische Regierungschefin Mary Coughlan bereits am Donnerstag betont, als ein Team aus mehr als zehn Experten der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds IWF in Dublin eintraf.
Ministerpräsident Brian Cowen sagte am Freitag, die Verhandlungen seien „auf konstruktive Weise“ fortgesetzt worden. Aufgabe der irischen Regierung sei es dabei, das Beste für das Land zu erreichen. Seine ursprünglich starre Haltung, keine Hilfe von EU und Internationalem Währungsfonds annehmen zu wollen, wiederholte er nicht mehr.
Die gegenwärtigen Fragen, die den Euro und Irland belasten, müssten gelöst werden, sagte Cowen. Der irische Notenbankchef Patrick Honohan hatte zu Beginn der Gespräche am Donnerstag gesagt, es werde einen „beträchtlichen Kredit“ geben: „Wir reden über mehrere zehn Milliarden Euro.“
Am Freitag verdichteten sich die Anzeichen, es könnte zu einer Art Puffer-Fonds für die notleidenden irischen Banken kommen, der nur im Notfall abgerufen werden könnte. Die Bankenlandschaft in Irland ist nach einer schweren Immobilienkrise marode und im Vergleich zur Größe des 4,5-Millionen-Einwohner-Landes völlig überdimensioniert.
Der Staat hat Garantien für Bankeinlagen in Höhe von 350 Milliarden Euro übernommen - mehr als das Doppelte des Bruttoinlandsproduktes. Bisher flossen bereits 35 Milliarden Euro staatliche Stützungsmittel, mindestens weitere 15 werden erwartet. Die Europäische Zentralbank hat den irischen Banken bereits mit 90 Milliarden Euro geholfen - 20 Prozent aller Hilfsmaßnahmen der EZB in ganz Europa flossen nach Irland.
Auch der irische Europaminister Dick Roche erklärte, Verhandlungen über die Körperschaftssteuer seien „sicherlich nicht an der Reihe“. Es habe wenig hilfreiches „Schnattern im Hintergrund“ gegeben, sagte Roche. „Worin soll der Sinn bestehen, den größten Wachstumstreiber zu zerstören?“, fragte der Minister.
Den anderen Eurostaaten ist die niedrige Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent, die Irland seit Jahrzehnten als Lockmittel im Wettbewerb um die Ansiedlung ausländischer Investoren einsetzt, ein Dorn im Auge. In Deutschland war der Steuersatz im Jahr 2008 von 25 auf 15 Prozent gesenkt worden. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte in Berlin, Irland werde nicht unter Druck gesetzt und könne frei entscheiden.
Die „Financial Times“ zitierte am Freitag einen französischen Diplomaten mit den Worten, die irische Körperschaftssteuer sei „beinahe räuberisch“. Ein deutscher Diplomat sagte der selben Zeitung: „Ohne eine Erhöhung der Steuereinnahmen kann das Defizit nicht im Zaum gehalten werden.“ Die deutsch-irische Handelskammer hatte erst vor wenigen Wochen in einer Umfrage ermittelt, dass die Hälfte der deutschen Investoren in Irland die niedrige Körperschaftssteuer als einen wichtigen Grund ihrer Ansiedelung in Irland ansehen.