IWF: Euro-Krise kostet Banken 300 Milliarden Euro

Washington/Athen (dpa) - Die Euro-Schuldenkrise schlägt bei den Banken in der EU bereits mit schätzungsweise 300 Milliarden Euro zu Buche - das hat der Internationale Währungsfonds (IWF) ermittelt.

200 Milliarden davon rührten direkt von Anleihen von Schuldenstaaten her, heißt es im jüngsten IWF-Bericht zur Stabilität des Weltfinanzsystems, der in Washington vorgelegt wurde. Etwa 100 Milliarden Euro kämen noch einmal durch Finanzverbindungen zwischen den Banken selbst hinzu. Mit dem Mute der Verzweiflung plant die Regierung in Athen ein weiteres hartes Sparpaket - von mehr als 100 000 Entlassungen ist die Rede.

Laut dem IWF-Bericht haben einige Banken in Europa bereits den Zugang zu privaten Kapitalquellen verloren. Dadurch erhöhe sich das Risiko neuer Kreditengpässe. Um gegenzusteuern, müsse die Politik „glaubhafte Strategien“ zum Schuldenabbau vorlegen und die Belastbarkeit der Banken erhöhen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte am Mittwoch an, sie werde eine Bank in der Eurozone mit US-Dollar für eine Woche refinanzieren. In einem entsprechenden Geschäft wurden insgesamt 500 Millionen US-Dollar zu einem festen Zinssatz von 1,07 Prozent zugeteilt, teilte die EZB mit. Das Geschäft beginnt am Donnerstag und läuft sieben Tage. Die Nachfrage ist ein Anzeichen dafür, dass Banken der Eurozone Probleme haben, sich Geld bei US-Banken zu leihen. Es wurde nicht veröffentlicht, welche Bank nach Geld gefragt hat.

In Griechenland zittern die Menschen vor noch härteren Spar- und Kürzungsschritten ihrer verzweifelt kämpfenden Regierung. Ministerpräsident Giorgos Papandreou eröffnete am frühen Mittwochnachmittag eine Sondersitzung des Kabinetts. Nach Medieninformationen will er seinen Ministern die Eckpunkte eines weiteren Sparprogramms ankündigen. Wann er mit dem Plan an die Öffentlichkeit treten will, war zunächst völlig unklar.

Finanzminister Evangelos Venizelos warnte im Parlament eindringlich vor einem Zusammenbruch des Landes. Die Gefahr sei groß, „dass die Ökonomie des Landes einfach aufhört zu existieren“. Deshalb seien noch härtere Sparanstrengungen nötig: „Ja, wir brauchen neue Maßnahmen.“ Opfer bringen müssten leider auch Rentner, Arbeitslose und junge Leute, sagte Venizelos. „Das ist das Drama des Landes.“

Am Dienstagabend war ein Durchbruch bei den telefonischen Verhandlungen der „Troika“ aus EU-Kommission, IWF und EZB mit dem griechischen Finanzminister gelungen. Die Expertengruppe der Geldgeber will nun nächste Woche nach Athen reisen. Ein positiver Bericht der „Troika“ zur Budgetsanierung ist Vorbedingung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von acht Milliarden Euro.

Griechische Zeitungen stellten ihre Leser auf das Schlimmste ein: Die Maßnahmen würden sich „katastrophal“ auf den Lebensstandard des „kleinen Mannes“ auswirken, hieß es. „Radikale Kürzungen von Renten, Senkung der Steuerfreibeträge und Entlassungen“ prophezeite die regierungsnahe Athener Zeitung „Ta Nea“. Die griechische Presse spekuliert, es könne 100 000 bis 150 000 Entlassungen geben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft am 27. September den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in Berlin. Dabei soll es um die dramatische Finanzlage Athens und die Reformpläne der griechischen Regierung gehen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Die großen Themen liegen auf der Hand.“ Der Bundestag soll im Herbst über das zweite Griechenland-Paket abstimmen.

Die EU-Kommission will Griechenland jetzt beim Ausgeben von bisher ungenutzten EU-Geldern in Höhe von 15 Milliarden Euro helfen. Dies teilte der für Regionalpolitik zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn nach Gesprächen mit griechischen Ministern und Gouverneuren der Regionen mit. Die Kommission will erreichen, dass die notleidende Wirtschaft Griechenlands von jenen 15 Milliarden Euro profitieren kann, die bis Ende 2013 noch im EU-Haushalt eingeplant sind.

Beide Seiten verständigten sich auf eine Liste von rund 100 Projekten, die noch vor Ende dieses Jahres in Angriff genommen werden sollten. Zudem versprachen die Griechen, innerhalb von zehn Tagen eine Liste mit weiteren großen Projekten vorzulegen, die bis Ende 2013 noch begonnen oder gar abgeschlossen werden sollten. Dabei handelt es sich um Infrastrukturvorhaben in den Bereichen Verkehr, Energie, Umwelt, Kultur, Tourismus und Klein- und Mittelbetriebe.

In Deutschland würde knapp jeder Fünfte (18 Prozent) privates Geld zur Rettung der Griechen geben. 80 Prozent würden das nicht tun, wie das Forsa-Institut im Auftrag des „Sterns“ ermittelte. Vergleichsweise groß ist die Bereitschaft bei den Anhängern der Linken und Grünen, von denen 29 Prozent beziehungsweise 28 Prozent zahlen würden. Unter den CDU-Anhängern wären es 17 Prozent, bei der FDP 13 Prozent. Von den SPD-Wählern würden 19 Prozent für die Griechen in die Bresche springen.