IWF: Weltkonjunktur läuft wieder, aber unrund

Washington (dpa) - Unterm Strich sehen die Zahlen nicht schlecht aus: Die Weltwirtschaft wächst wieder robust, die Krise scheint abgehakt. Man sollte sich aber nicht zu früh freuen, mahnt der IWF. Weltweit lauern noch zahlreiche Probleme.

Deutschland glänzt derweil mit Wachstum.

Hohe Ölpreise, Dauerkrise in der Euro-Zone, Amerikas Mega-Schulden: Trotz Rückkehr auf einen recht soliden Wachstumspfad hat die Weltwirtschaft ihre Probleme nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds bei weitem noch nicht abgeworfen. Die Europäer mahnte der IWF in seinem heute vorgelegten Weltwirtschaftsausblick zu „mutigen Schritten“, um Staatsetats sowie den Bankensektor in Ordnung zu bringen und das Wachstum anzuschieben. Die Haushaltslage der USA nennt der Fonds „unhaltbar“.

Deutschland sticht derweil positiv heraus: Der IWF hob seine Wachstumsprognose für dieses Jahr um 0,3 Punkte auf 2,5 Prozent an - so stark wie in keinem anderen großen europäischen Land. Nächstes Jahr sei ein leicht nach oben korrigiertes Plus von 2,1 Prozent zu erwarten. Dass es 2012 etwas weniger werde, sei geringerer Konjunkturhilfen und abnehmender Exportnachfrage geschuldet.

Entwarnung gab der IWF an der Preisfront. Trotz höherer Rohstoffkosten „glauben wir nicht, dass dieser Anstieg die Wirtschaftserholung aus den Gleisen wirft“, betonte am Montag der Chefökonom des Weltwirtschaftsfonds, Olivier Blanchard. Noch immer lauerten für die Weltwirtschaft aber mehr Gefahren als es mögliche positive Überraschungen gebe. „Die wetlweite Erholung gewinnt an Stärke, aber sie bleibt unausgewogen“, sagte Blanchard.

Unterm Strich und vor allem dank des Booms der Schwellenländer wächst die Weltwirtschaft wieder recht robust: In diesem Jahr rechnet der Fonds unverändert mit einem globalen Wachstum von 4,4 Prozent und damit in etwa genauso viel wie 2012. In reichen Nationen sei derweil „für viele Jahre“ niedriges Wachstum bei gleichzeitiger hoher Arbeitslosigkeit zu erwarten, sagte der IWF-Chefökonom.

Zwar hätten sich frühere Ängste vor einem erneuten Absturz in die Rezession nicht bewahrheitet, meinte Blanchard. Hohe Verschuldung plage die reichen Länder nach wie vor, besonders die USA. Gehe Washington sie nicht entschlossen an, drohten „destabilisierende Veränderungen“ auf den Anleihemärkten. Für die größte Volkswirtschaft der Welt sieht der IWF derweil in diesem Jahr ein Wachstum von 2,8 Prozent und 2012 sogar noch einmal 0,1 Prozentpunkte mehr.

„Das greifbarste Risiko erwächst nach wie vor aus den Spannungen in den Randlagen der Eurozone“, schreiben die IWF-Experten weiter. Zwar sehe man inzwischen klarer, doch seien die Märkte weiter skeptisch, ob der Euro-Rettungsfonds mit genügend Geld ausgestattet sei und ob er wirklich funktioniere. Verschlimmert werde die Lage durch nach wie vor geschwächte Finanzinstitutionen in weiten Teilen Europas und noch immer gebeutelte Staatshaushalte dort.

Eine Gesundung von Finanzsektors und Etats sei angesichts geringen Wachstums oder gar negativen Entwicklung und hoher Zinsen in diesen Ländern eine „erhebliche Herausforderung“, die ihre Zeit brauchen wird, sagte Blanchard. Nach wie vor drohe die Gefahr, dass die Misere auf stärkere Länder der Euro-Zone übergreife und dort zu einem „erheblichen“ Nachfrageinbruch führen könne.

Als eine der größten Gefahren für die Weltkonjunktur sieht der Fonds weiter kletternde Ölpreise, sollte es durch Umbrüche in Förderländern zu Lieferengpässen kommen. Nach IWF-Berechnungen könnte ein Anstieg des Ölpreises auf 150 Dollar pro Barrel (159 Liter) in diesem Jahr das Wachstum 2012 um 0,75 Prozentpunkte beeinträchtigen.

Beruhigten sich jedoch wie erwartet die Preise für Rohstoffe wieder, prognostiziert der IWF eine Teuerung von unter zwei Prozent in den Industrienationen noch in diesem Jahr und dann von etwa 1,5 Prozent 2012. In Schwellenländern könnte die Inflation hingegen 2011 auf sogar knapp 7 Prozent emporschnellen.

Die weltweite Konjunktur zerfällt nach wie vor in zwei Teile: Hier die reichen Industriestaaten, die laut Prognose in diesem Jahr um 2,4 und im nächsten um 2,6 Prozent zulegen. Dort die Schwellen- und Entwicklungsnationen, die 2011 und im Jahr darauf laut IWF um satte 6,5 Prozent wachsen. Wachstumslokomotive der Welt bleibt China mit einem Plus von 9,6 Prozent in diesem sowie in etwa dieser Größenordnung auch nächstem Jahr.

Aber auch hier hebt der Weltwährungsfonds inzwischen schon mahnend den Finger: „Konjunkturelle Überhitzung stellt eine wachsende Sorge dar“, befinden die IWF-Experten mit blick auf das rasante Wachstum aufstrebender Staaten. „Wir warnen die Schwellenländer davor, dass sie an einen Punkt kommen, an dem die Dinge vielleicht ein bisschen zu gut sind“, sagte Chefökonom Blanchard.