Kein Deal im Streit um Ferrostaal

München/Essen (dpa) - Der Schmiergeldskandal bei der früheren MAN-Tochter Ferrostaal bringt nach monatelangen Querelen zwei Ex-Manager des Industriedienstleisters vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft München I hat gegen zwei ehemalige Manager des Konzerns Anklage wegen Bestechung von Amtsträgern erhoben.

Dies teilte die Behörde am Montag in München mit. Die Ermittler werfen einem ehemaligen Vorstand und einem früheren Prokuristen vor, in Griechenland und Portugal für Bestechungsgelder von mehr als 62 Millionen Euro verantwortlich zu sein, die den Verkauf von U-Booten anschieben sollten.

Mit der Anklage dürften sich die Chancen auf eine Einigung zwischen Ferrostaal und den Behörden ohne langwierigen Prozess zerschlagen haben. Vor allem der Streit zwischen dem neuen und dem alten Eigentümer von Ferrostaal überschattet das Verfahren. Der Staatsfonds IPIC aus Abu Dhabi streitet seit Monaten mit MAN darüber, wie die Partner mit dem erst nach der IPIC-Übernahme von 70 Prozent an Ferrostaal bekanntgewordenen Schmiergeldskandal umgehen sollen. Die Korruptionsdelikte fallen in jene Zeit, als MAN Alleininhaber von Ferrostaal war. IPIC fühlt sich daher von MAN getäuscht.

Ein von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagenes Bußgeld von 196 Millionen Euro für die Einstellung des Verfahrens im Gegenzug hatte Ferrostaal ausgeschlagen. Die Behörde sei davon ausgegangen, dass Ferrostaal von den Eigentümern finanziell unterstützt werde, sagte eine Unternehmenssprecherin in Essen. Doch IPIC und MAN sind weit von einer Einigung entfernt. „Deshalb sahen wir uns bisher nicht in der Lage, das Angebot der Staatsanwaltschaft anzunehmen.“

Für Ferrostaal mit seinen gut 5300 Beschäftigten ist der Streit auch wirtschaftlich eine große Belastung - auch weil neben den aktuellen Anklagen noch Ermittlungen gegen weitere Mitarbeiter laufen. Die Verfahren könnten sich über Jahre hinziehen. Schon jetzt hat sich der Konzern ein Sparprogramm und Stellenabbau verordnet. Das Geschäft von Ferrostaal - die Vermittlung von Industrieaufträgen im Ausland - lebt allerdings vor allem von Vertrauen und Stillschweigen.

MAN hat die Hoffnung auf eine Einigung mit IPIC begraben. „Das ist Schnee von gestern“, sagte ein Sprecher des Konzerns. „Wir haben unser großzügiges Vergleichsangebot nach Ablehnung von IPIC endgültig zurückgezogen.“ IPIC weigert sich bislang, die übrigen 30 Prozent zu übernehmen und forderte in einem Schiedsgerichtsverfahren eine Rückabwicklung des Kaufs. Auf den Ausgang dieses Verfahrens wolle MAN nun warten. „MAN hat eine gesicherte Rechtsposition und erwartet einen positiven Ausgang des Schiedsgerichtsverfahrens.“

Wieviel MAN dem Staatsfonds IPIC bisher geboten hatte, wollte der Sprecher nicht sagen. Das „Handelsblatt“ schreibt von bis zu 500 Millionen Euro, die MAN bereit gewesen wäre, nachzubezahlen. Doch der heftige Streit um den Schmiergeldskandal und der ungewisse Ausgang des Schiedsverfahren belastet MAN auch noch an einer anderen Stelle: Die ungelösten Probleme behindern den von Volkswagen gewünschten Zusammenschluss von MAN und der VW-Tochter Scania. Ein Zusammengehen der beiden Lkw-Hersteller ist erst denkbar, wenn die juristischen Stolpersteine bei Ferrostaal aus dem Weg geräumt sind.

Zumindest bei Ferrostaal hofft man doch noch auf eine Einigung außerhalb des Gerichtssaals. Bis zum Gerichtsbeschluss über die Zulassung der Anklagen könne es Monate dauern, sagte Ferrostaal-Sprecherin Maria Lahaye-Geusen. Falls sich MAN und IPIC in der Zwischenzeit doch noch einigten, könne über die Zahlung des Bußgeldes neu nachgedacht werden. „Es besteht nach wie vor die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Einigung. Das ist mit der Anklageerhebung nicht ausgeschlossen“, sagte die Sprecherin.