Portugal-Rettung: EU bändigt Schuldenkrise

Gödöllö (dpa) - Mit der Milliardenspritze für das angeschlagene Euro-Land Portugal hat die EU nach eigener Überzeugung die gefährliche Schuldenkrise eingegrenzt.

EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte nach den zweitägigen Beratungen der europäischen Finanzminister im ungarischen Gödöllö: „Ich bin überzeugt, dass Spanien keine Finanzhilfe Europas braucht.“ Spanien gilt wegen der Folgen einer geplatzten Immobilienblase als Wackelkandidat der Eurozone. Sorgen macht auch die riesige Schuldenlast in Griechenland. Die EU schließt aber einen Schuldenschnitt in Athen aus, der auch private Gläubiger treffen würde.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Samstag nach dem Treffen: „Die Ansteckungsgefahr ist geringer geworden.“ Tags zuvor hatten die Minister nach einem Hilferuf aus Lissabon die Arbeiten für ein rund 80 Milliarden Euro schweres Hilfspaket auf den Weg gebracht.

Sowohl EU-Kommission als auch die Europäische Zentralbank (EZB) wiesen immer wieder aufkommende Spekulationen zurück, wonach Griechenland trotz des 2010 vereinbarten 110-Milliarden-Euro-Hilfspaketes nicht ohne einen Schuldenschnitt auskommen werde. „Ja, wir schließen eine Umschuldung aus“, sagte der Finne Rehn. Es gebe ein vereinbartes und solides Hilfsprogramm für Athen. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet fügte hinzu: „Wir haben einen Plan. Der Plan ist von den europäischen Institutionen gebilligt. Wir setzen das jetzt um.“

Griechenland war im vorigen Jahr als erstes Euroland von seinen Partnern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Pleite gerettet worden. Inzwischen wurde auch Irland mit einem 85 Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket unter die Arme gegriffen.

Die Ressortchefs machten deutlich, dass die Gefahren für Europas Wirtschaft und Bürger noch lange nicht gebannt sind. So müssen sich die Verbraucher in Deutschland wegen steigender Energie- und Rohstoffpreise auf weiter steigende Inflationsraten einstellen. Sie könnten nach Prognose von Bundesbankpräsident Axel Weber zum Jahresende sogar fast drei Prozent erreichen.

Die EU wartet auch mit Unruhe die Ergebnisse von neuen Bankenstresstests ab, die im Juni veröffentlicht werden. Getestet werden 90 Banken, von denen nach Expertenmeinung bis zu 15 Finanzspritzen brauchen oder geschlossen werden müssen. Es wird mit neuen Milliardenlasten gerechnet.

Einhellig verteidigten die EU-Politiker die teils schmerzhaften Sparmaßnahmen, die europaweit gegen die wegen der tiefen Rezession ausgeuferten Staatsschulden ergriffen werden. Schäuble ließ zwar Verständnis für Unmut erkennen, wies aber in der Sache Kritik am Sparkurs zurück. „Was wir machen, ist, Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wachstum zu schaffen“, sagte der CDU-Politiker. Diejenigen, die nicht zum frühzeitigen Gegensteuern in der Haushaltpolitik in der Lage gewesen seien, „kommen nun um den Prozess schmerzhafter Anpassungen nicht herum“.

Auf den Straßen Budapests demonstrierten nach Gewerkschaftsangaben am Samstag rund 50 000 Menschen gegen die Sparpolitik der EU-Länder. Der europäische Gewerkschaftsverband ETUC hatte zu der Aktion aufgerufen, der Menschen aus 21 Staaten folgten.

Portugals Staatspräsident Anibal Cavaco Silva äußerte sich optimistisch zu den Chancen eines sinkenden Staatsdefizits in seinem Land. Die drei größten Parteien seines Landes wollten alles dafür tun, das Staatsdefizit zu senken, sagte er in Budapest bei einem Treffen mit acht EU-Amtskollegen. Das Hilfspaket für Lissabon soll bis Mitte Mai stehen. Voraussetzung ist ein parteiübergreifender Konsens für einen noch härteren Sparplan.

Die portugiesischen Parteien sind sich laut Cavaco Silva einig darin, dass nach der Parlamentswahl im Juni in Lissabon eine mehrheitsfähige Regierung zustandekommen sollte. Denn eine Minderheitsregierung würde angesichts der Lage „mit zu vielen Schwierigkeiten“ zu kämpfen haben, sagte der Präsident. Die Regierung Portugals war zuvor mit ihren Sparplänen am Widerstand der Opposition gescheitert, trat daraufhin zurück und ist nur noch kommissarisch im Amt.

Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager warnte die Oppositionsparteien in Portugal davor, im Falle eines Wahlsieges vom vereinbarten Sparkurs abzuweichen. „Wenn sich Portugal nach der Wahl nicht an das vereinbarte Programm hält, dann werden die Zahlungen an Portugal sofort gestoppt“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Montag).

Die Bundesbürger stehen laut einer Umfrage mehrheitlich hinter den Portugal-Milliardenhilfen. 50 Prozent der Deutschen befürworteten EU-Hilfen für das Land, 45 Prozent lehnten dies ab, ergab eine repräsentative Emnid-Umfrage für „Bild am Sonntag“. Allerdings glaubten auch 90 Prozent der Befragten, dass der Euro-Rettungsfonds nach Portugal noch mehr EU-Staaten retten müsse.