Bloß keine Erwartungen Juncker reist in Handelsstreit zu Trump
Brüssel/Washington (dpa) - Im eskalierenden Handelsstreit mit den USA dämpft die EU die Erwartungen an das Spitzentreffen am Mittwoch in Washington. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ließ in Brüssel mitteilen, dass er ohne ein konkretes Angebot zu US-Präsident Donald Trump reisen werde.
Es gehe darum, mögliche Spannungen zu „entdramatisieren“, sagte sein Sprecher. Das Treffen sei eine Gelegenheit zu reden und den Dialog aufrechtzuerhalten.
Die EU-Kommission machte damit zwei Tage vor dem Treffen noch einmal deutlich, dass es derzeit kaum Hoffnungen auf eine schnelle Beilegung der aktuellen Handelskonflikts gibt, und dass sogar mit einer weiteren Eskalation durch die Einführung von US-Sonderzöllen auf Autoimporte gerechnet werden muss. Für letzteren Fall hatte EU-Handelskommissarion Cecilia Malmström bereits in der vergangenen Woche neue Vergeltungszölle auf US-Produkte angekündigt.
Sie sollen nach derzeitigen Planungen ähnlich angelegt werden wie die, die EU bereits in Reaktion auf die US-Zusatzzölle auf Stahl- und Aluminium verhängt hat. Das möglicherweise betroffene Handelsvolumen wurde von Malmström mit mehr als 50 Milliarden Euro angegeben.
Wie der Streit beigelegt werden könnte, ist bislang allerdings völlig unklar. Nach Angaben aus EU-Kreisen könnte Juncker bei seinem Gespräch mit Trump die Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden Autohandels vorschlagen. Dieses müsste neben den EU-Staaten und den USA aber weitere Länder wie Japan, China, Südkorea und Mexiko einbeziehen. Zudem ist im Gespräch, Trump ein beschränktes Zollabkommen in Aussicht zu stellen, über das Abgaben auf Industriegüter angepasst oder ganz abgeschafft werden könnten.
Informationen darüber, ob die Amerikaner an so etwas interessiert wären, gibt es bislang nicht. „Wir haben ein Defizit im Handel mit der EU. Sie schützen viele ihrer Märkte“, sagte US-Finanzminister Steve Mnuchin am Sonntag zum Abschluss eines Treffens der G20-Finanzminister und Notenbankchefs in Buenos Aires. Für die US-Regierung müsse bei den Gesprächen alles auf den Tisch: neben Zöllen auch technische Handelshemmnisse und Subventionen.
Dies würde aber eigentlich gegen den Kurs von Trump verstoßen, der die bereits laufenden Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) zu Beginn seiner Amtszeit auf Eis hatte legen lassen.
Aus Sicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) könnte ausgerechnet die US-Wirtschaft wegen drohender Strafzölle in zahlreichen Ländern der größte Verlierer einer weiteren Eskalation im Handelsstreit sein. Letztendlich würde aber die ganze Welt unter einem Zoll-Wettrüsten leiden. Im schlechtesten Fall könnte die weltweite Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 um 0,5 Prozent oder 430 Milliarden US-Dollar niedriger liegen als bislang erwartet, schätzt der IWF.
Erschwert werden dürfte die Konfliktlösung auch dadurch, dass sich zuletzt auch innerhalb der EU Meinungsverschiedenheiten über die richtige Strategie im Umgang mit Trump abzeichneten. Während die Bundesregierung ohne Vorbedingungen zu Gesprächen bereit ist, pochen die Franzosen darauf, dass Trump zunächst die Strafzölle auf Stahl und Aluminium zurücknimmt. „Wir verhandeln nicht mit einer Pistole am Kopf“, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz mahnte unterdessen zum Gespräch. „Ein regelbasierter, fairer, freier Welthandel ist besser, als wenn jeder jetzt protektionistische Maßnahmen ergreift“, sagte Scholz.
Das Ifo-Institut riet der EU, auf US-Vorschläge für ein neues Freihandelsabkommen zwischen den weltweit wichtigsten Industriestaaten einzugehen. Die Initiative von Mnuchin auf dem G20-Gipfel in Buenos Aires sei eine Chance, den Handelsstreit zu beenden, erklärte Ifo-Handelsexperte Gabriel Felbermayr in München. Die EU-Spitzen sollten im Konflikt mit US-Präsident Donald Trump „die Beleidigungen der letzten Tage vergessen und die Aufnahme von ernsthaften Verhandlungen anbieten“.