Steuerreduzierung Kippt die „Tamponsteuer“?

Exklusiv | Berlin · Der Bundesrat berät über einen ermäßigten Steuersatz für Hygieneartikel. Gefordert sind sieben Prozent für Tampons und Binden. Das Finanzministerium ist gesprächsbereit.

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Schon lange wird die Forderung erhoben, Hygieneartikel für Frauen, speziell Tampons und Binden, mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent zu besteuern. Zuletzt sorgten mehrere Petitionen mit Zehntausenden Unterstützern für Schlagzeilen. Die Chancen für eine Umsetzung steigen nun, denn der Bundesrat soll das Thema bei seiner Sitzung in zwei Wochen beraten.

Einen entsprechenden Antrag hat jetzt das Land Thüringen in die Länderkammer eingebracht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, „zum nächstmöglichen Zeitpunkt Hygiene-Produkte für Frauen in die Liste der Produkte mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz aufzunehmen“. Die zuletzt geführten Debatten hätten deutlich gemacht, dass die bestehenden Ermäßigungstatbestände für die Bürger zum Teil nicht mehr nachvollziehbar seien. Dass auf Damenhygieneartikel 19 und nicht sieben Prozent bezahlt werden müsse, sei ein Beispiel von vielen, die das deutlich machten.

Deshalb will Thüringen bei der Mehrwertsteuer auch grundsätzliche Veränderungen herbeiführen: Die Bundesregierung soll gleichzeitig „eine strukturelle Neuordnung und Überprüfung“ der Sätze einleiten. Vor allem mit Blick auf Dienstleistungen für Kinder, ältere Menschen und Behinderte. Handlungsbedarf bestehe auch bei der Besteuerung der Verpflegung in Schulen, Kitas und anderen sozialen Einrichtungen. Alles in allem „sollte insbesondere eine stärkere Entlastung der Familien erreicht werden“, heißt es in dem unserer Redaktion vorliegenden Antrag.

In anderen EU-Staaten wie Frankreich und Spanien ist eine Steuerreduzierung auf Hygieneartikel bereits erfolgt. Auch hat das Europäische Parlament unlängst die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die sogenannte „Pflege- und Tamponsteuer“ abzuschaffen, weil diese Artikel zum Grundbedarf der Frauen gehören. Der Bundestag beschäftigt sich derzeit ebenfalls damit. So prüft der Petitionsausschuss eine Eingabe, die mittlerweile über 91 000 Unterstützer gefunden hat. Darin heißt es: „Die Periode ist unausweichlich.“ Frauen würden etwa 40 Jahre ihre Lebens einmal im Monat menstruieren, „ob sie wollen oder nicht. Das ist kein Luxus und sollte nicht als solcher besteuert werden.“ Eine Studie in England hatte jüngst ergeben, dass Frauen pro Jahr direkt oder indirekt 540 Euro für die Folgen der Menstruation ausgeben müssen, im Verlauf ihres Lebens rund 20 000 Euro.

Im Jahr 2015 hatte der Petitionsausschuss allerdings eine ähnliche Eingabe nicht befürwortet. Damals lautete die Begründung, eine Absenkung des Steuersatzes führe nicht zwangsläufig zu sinkenden Preisen. Und der Gesetzgeber könne dies auch nicht sicherstellen. Dies entspricht grundsätzlich der Position des Bundesfinanzministeriums. Ein Sprecher betonte gestern aber auf Nachfrage: „Wenn es eine parlamentarische Mehrheit dafür gibt, werden wir uns dem nicht verschließen.“ Erst Recht wohl nicht, sollte der Bundesrat den Antrag Thüringens annehmen. Bei der Regionalkonferenz der SPD-Kandidaten für den Vorsitz am Mittwoch sprach sich übrigens Bewerber Michael Roth für die Reduzierung aus – und erhielt viel Beifall.

Die unterschiedliche Besteuerung bei der Mehrwertsteuer sorgt immer wieder für Kritik. So fallen Trüffel, Tierfutter oder Schnittblumen unter den ermäßigten Steuersatz, Eltern kleiner Kinder müssen für Babywindeln aber den vollen Satz bezahlen. Um dies zu ändern, läuft seit Juli ebenfalls eine Onlinepetition.