Konjunkturschub dämpft Sommerflaute auf dem Arbeitsmarkt
Nürnberg/Brüssel (dpa) - Der leichte Konjunkturschub im zweiten Quartal hat die saisonübliche Sommerflaute auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Juli spürbar gedämpft - auch in den Euroländern bessert sich inzwischen die Lage.
Trotz Werksferien in vielen Unternehmen sei die Zahl der Arbeitslosen bundesweit lediglich um 49 000 auf 2,914 Millionen gestiegen, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg. Die Erwerbslosigkeit wuchs damit nicht viel stärker als zu Boom-Zeiten, der Abstand zum Vorjahr verringerte sich wieder auf 38 000. Die Erwerbslosenquote stieg zum Juni um 0,2 Punkte auf 6,8 Prozent. In den 17 Euro-Staaten ging die Zahl der Arbeitslosen zuletzt erstmals seit April 2011 zurück.
Ohne die im Juli besonders stark ausgeprägten saisonalen Sondereffekte wäre die Zahl der Erwerbslosen auch in Deutschland gesunken - und zwar um 7000 im Vergleich zum Juni. Als Hinweis auf die sich leicht verbessernde Arbeitsmarktlage wertete BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise auch die seit zwei Monaten wieder steigende Zahl der offenen Stellen. Dies weise darauf hin, dass die Unternehmen in der Hoffnung auf vollere Auftragsbücher wieder verstärkt neue Mitarbeiter einstellten.
Mit einem erneuten kräftigen Aufschwung, wie ihn der deutsche Arbeitsmarkt zwischen 2010 und Mitte 2012 erlebt hatte, rechnet der BA-Chef vorerst allerdings nicht. Vielmehr erwartet er für die nächsten Monate eher stagnierende Arbeitslosenzahlen. „Der Arbeitsmarkt ist solide und robust. Ich gehe aber erstmal von einer Seitwärtsbewegung aus“, sagte Weise. Der Arbeitsmarkt habe in diesem Jahr unter dem langen Winter und dem feuchten Frühjahr gelitten. „Im zweiten Quartal hat sich die Lage aber etwas aufgehellt. Für das dritte Quartal gibt es noch sehr widersprüchliche Prognosen.“
Dank der weiterhin neu entstandenen Arbeitsplätze konnte nach Bundesagentur-Einschätzung auch die wachsende Zahl von Zuwanderern aus Ost- und Südeuropa gut in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden. Neue sozialversicherungspflichtige Stellen entstanden nach BA-Angaben vor allem bei Rechts-, Unternehmens- und Steuerberatungsbüros sowie bei Werbeagenturen und Reisebüros, aber auch bei Wach- und Sicherheitsdiensten sowie Reinigungsunternehmen. Zuletzt habe es bei diesen „wirtschaftlichen Dienstleistern“ 156 000 Arbeitsplätze mehr gegeben als vor einem Jahr (Mai-Daten).
Insgesamt legte die Zahl der Menschen mit einem regulären Job (sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) auf 29,29 Millionen zu, ein Plus zum Vorjahr von 366 000 (Mai-Daten). Die Zahl der Erwerbstätigen stieg nach den jüngsten Daten vom Juni binnen Jahresfrist um 233 000 auf 41,89 Millionen.
Eine leichte Entspannung zeichnet sich derweil auf den Arbeitsmärkten im Euroraum ab. Erstmals seit April 2011 ist die Zahl der Arbeitslosen in den 17 Staaten mit der Euro-Währung gesunken. Im Juni waren insgesamt 19,27 Millionen Männer und Frauen in der Eurozone ohne Job, 24 000 weniger als im Mai, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg am Mittwoch meldete. Die revidierte Arbeitslosenquote liegt im Euro-Raum seit März 2013 stabil bei 12,1 Prozent. Besonders hoch war der Arbeitslosenanteil erneut in Griechenland (jüngste Zahlen vom April) und Spanien - dort war mehr als jeder vierte ohne Job.
Zufrieden über den Arbeitsmarkt in Deutschland zeigte sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Trotz der leichten Sommerflaute sprach sie von einer weiterhin günstigen Beschäftigungsentwicklung. „Es gibt viele sehr positive Signale“, sagte die Ministerin in Berlin. Die Stimmung der Wirtschaft sowie der Verbraucher sei ebenso gestiegen wie das Angebot offener Stellen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wertete die jüngsten Arbeitsmarktzahlen als ein Zeichen für die Robustheit des deutschen Arbeitsmarktes.
Ungleich kritischer bewerteten die Oppositionsparteien die Lage. SPD-Bundestagsfraktionsvize Hubertus Heil sieht den deutschen Arbeitsmarkt weiterhin „eingetrübt“. Die schwierige wirtschaftliche Lage in Europa schlage sich auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt nieder, erklärte er in Berlin und forderte von der Bundesregierung neue Impulse. Die Linkspartei im Bundestag warf der schwarz-gelben Bundesregierung vor, trotz des „dümpelnden Arbeitsmarktes“ weiterhin an ihrer Untätigkeit festzuhalten. Notwendig seien Maßnahmen für mehr Beschäftigung. Die Grünen im Bundestag beklagten die weiterhin steigende Zahl von Langzeitarbeitslosen.