Konkurrenzkampf unter Möbelhäusern: Und täglich grüßt die Schnäppchen-Couch
Möbelhäuser expandieren stark in Deutschland und liefern sich mit Rabattschlachten einen erbitterten Konkurrenzkampf.
Düsseldorf. Bundesweit prägen sie vielerorts das Stadtbild wie kaum eine andere Branche und auch in der Region schießen Möbelhäuser seit einigen Jahren augenscheinlich wie Pilze aus dem Boden. Immer größer werden die Einrichtungstempel und buhlen mit Schlussverkäufen, Jubiläumsaktionen und Sonderrabatten um die Gunst der Verbraucher. So hat sich die Verkaufsfläche der Möbelhäuser in Deutschland von 4,535 Millionen Quadratmeter im Jahr 2007 auf mittlerweile 6,1222 Millionen Quadratmeter im vergangenen Jahr vergrößert.
Ein Trend, der Marc Fahrig, Geschäftsführer des Düsseldorfer Möbelhandels Schaff-rath, nicht verwundert. „Die Möbelbranche ist noch immer ein hochattraktiver Markt, in den aus gutem Grund weiter investiert wird. Das eigene Zuhause ist für die Menschen ein hohes Gut, das sie sich gerne etwas kosten lassen“, sagt Fahrig. Wohl wissend, dass bei zunehmendem Konkurrenzdruck zwangsläufig jemand auf der Strecke bleiben muss: „Natürlich findet da ein harter Verdrängungswettbewerb statt, bei dem etwa kleinere Möbelhändler es schwer haben, sich auf dem Markt zu behaupten.“
Bundesweit gibt es über 9000 Einrichtungshäuser, die sich über eine Gesamtfläche von 23 Millionen Quadratmetern erstrecken. Die Zahl der Möbelhäuser ist derweil weitgehend konstant geblieben, da die kleineren Händler zusehends vor den Branchenriesen kapitulieren und schließen müssen. Konkurrenz kommt für den stationären Möbelhandel außerdem durch Online-Shops hinzu, die inzwischen immerhin acht Prozent des Gesamtumsatzes der Branche ausmachen.
Außerdem unterliegen die Möbelhäuser Einschränkungen bei ihrem Warenspektrum und dürfen nach einer landespolitischen Entscheidung in Nordrhein-Westfalen nur zehn Prozent sogenannter „innenstadtrelevanter Randsortimente“ zum Verkauf anbieten. Diese Produktgruppe umfasst alles, was zumeist in den Geschäften der Innenstädte erhältlich ist, wie etwa Haushaltswaren und Dekorationsartikel. Für die Möbelhändler bedeuten diese Waren ein wichtiges Zusatzgeschäft, da sie von den Kunden direkt mit nach Hause genommen werden können und damit Sofortumsatz bringen.
Die größten Player der Branche wie Schaffrath, Ikea oder Höffner sowie Billig-Discounter wie Roller und Poco wachsen derweil munter weiter, wie ein Blick auf die üppige Möbelhaus-Landschaft in NRW zeigt: Erst im Oktober vergangenen Jahres hat Ikea nach kurzzeitiger Schließung im Kreis Neuss an anderer Stelle mit einer größeren Immobilie wiedereröffnet — als Musterbeispiel für Nachhaltigkeit hatte der schwedische Möbelgigant die Filiale in Kaarst der Öffentlichkeit präsentiert.
Einen Steinwurf voneinander entfernt liegen in Düsseldorf-Rath die Möbelhäuser Höffner und Schaffrath, die über Jahre bei der Stadt um ein Grundstück für mehr Verkaufsfläche gebuhlt hatten — ein Wettstreit, bei dem Höffner schließlich den Zuschlag erhielt. Gleichzeitig betreibt die Krieger-Gruppe, der Höffner angehört, direkt neben der Höffner-Filiale einen weiteren Markt ihres Tochterunternehmens Sconto.
Ähnlich gesättigt zeigt sich der Markt im Ruhrgebiet: So kündigte Ikea an, sich in Essen von seinen alten Räumlichkeiten verabschieden und ein neues Gebäude mit deutlich mehr Verkaufsfläche errichten zu wollen. Gleich zwei Branchengrößen nehmen derweil Kurs auf Dortmund: Zum Ärger der Nachbarkommunen, die eine Verödung ihrer Innenstädte befürchten, wollen dort sowohl die XXXL-Gruppe als auch Segmüller eine Filiale eröffnen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Gut tut die ungebremste Expansion der Möbelhäuser dem Geschäft nicht, moniert Ursula Geismann, Sprecherin des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM), und im Zuge der Internationalen Möbelmesse in Köln mit ihrer Branche hart ins Gericht: „Wir beobachten diese Entwicklung mit Schrecken. In den Möbelhäusern herrscht mitunter gähnende Leere, weil nur noch über den Preis verkauft wird und andere Faktoren wie Qualität und Design zunehmend vernachlässigt werden. Der Verbraucher könnte den Eindruck gewinnen, dass in der Möbelbranche nach dem Motto verfahren wird: ’Wer zu früh kommt, den bestraft das Sonderangebot.’“
Zwar stehe der Herkunftsnachweis „Made in Germany“ im Ausland noch immer für deutsche Qualitätsware — die Exportquote für Möbel liegt hier bei fast 33 Prozent. Die Möbel in deutschen Wohnzimmern stammen allerdings zunehmend aus dem Ausland, etwa aus Fernost, wo zu deutlich billigeren Konditionen produziert werden kann. Abstriche bei der Qualität nähmen deutsche Kunden dabei durchaus in Kauf, sagt Geismann: „Nur noch 35 Prozent der hierzulande verkauften Möbel wurden auch in Deutschland hergestellt.“
Ferner sieht die Expertin eine bedenkliche Marktdominanz der großen Möbelhausketten, die kleinere, tradierte Familienbetriebe zunehmend ihrer Existenzgrundlage beraubten. „Es gibt immer mehr Paläste auf der grünen Wiese, weil es für die Kunden bequem ist und man dort gut parken kann. Alteingesessene Möbelhändler haben dabei das Nachsehen.“ Dass die goldenen Zeiten der Branche vorbei sind, zeichne sich auch an der Umsatzrendite ab, die 2017 bei mageren zwei Prozent lag.
Eine gewaltige Marktmacht sei dabei auch den Einkaufsverbünden zuzuschreiben, die in Deutschland satte 66 Prozent des gesamten Umsatzes in der Möbelbranche generierten. „Die Einkaufsverbünde kaufen großstückig ein und ermöglichen so günstige Konditionen“, erläutert Geismann. So seien die Möbelhäuser in Zugzwang, große Warenmassen abnehmen zu müssen, deren Verkauf sich zunehmend schwierig gestalte. Auch die Industrie müsse sich diesem Preisdruck beugen.
Die gute Nachricht für Geismann: „Die Deutschen sind Europameister im Wohnen.“ Will heißen: Die eigenen vier Wände haben für die Verbraucher in der Bundesrepublik noch immer einen hohen Stellenwert. Doch versäume die Möbelbranche die Möglichkeit, ihr Potenzial wirklich zu nutzen. „Ein sinnvoller Weg für die Möbelhändler wäre, Zielgruppen und Trends wie altersgerechtes Wohnen stärker in den Blick zu nehmen, statt ins Uferlose zu expandieren.“
Sascha Tapken, Fachjournalist bei der Zeitschrift „Möbelkultur“, teilt Geismanns Kritik vor allem im Hinblick auf die Rolle der Einkaufsverbünde, zumal die hohe Dichte an Möbelhäusern keineswegs ein Schlaraffenland an Auswahlmöglichkeiten für den Verbraucher bedeute: „Viele Möbelhäuser verkaufen exakt die gleiche Ware, die sie über einen Großlieferanten bezogen haben, und verkaufen sie unter verschiedenen Labels.“ Letztendlich lande somit viel Einheitsbrei auf den Verkaufsflächen der Möbelhäuser.
Stagnierende Umsatzzahlen scheinen die Kritiker zu bestätigen: Während der deutsche Möbelhandel 2017 noch ein leichtes Plus von 0,5 Prozent auf rund 33,6 Milliarden Euro erzielen konnte, rechnet die deutsche Möbelindustrie für dieses Jahr mit keinen weiteren Zuwächsen. Bereits im vergangenen Jahr war der Umsatz mit knapp 18 Milliarden Euro lediglich auf dem Niveau des Vorjahres, teilte der VDM mit.
Optimistisch für seine Branche zeigt sich derweil André Kunz, Geschäftsführer des Handelsverbandes Möbel und Küchen (BVDM): „Wir bieten dem Kunden in der Möbelbranche eine breite Produktvielfalt — da ist für jeden Geldbeutel etwas dabei.“ Den Vorwurf des Qualitätsverlustes will er nicht unterschreiben und plädiert für ein stärkeres Bewusstsein für die Relation zwischen Qualität und Preis auf Seiten der Verbraucher: „Wenn ich mir ein Sofa für 1000 Euro kaufe, kann ich als Kunde nicht die gleiche Qualität erwarten, als wenn ich eines für 10 000 Euro kaufe. Das liegt in der Natur der Sache.“