Konsumklima in Europa verschlechtert sich deutlich
Nürnberg (dpa) - Die anhaltende Schuldenkrise mit ihren zahlreichen Brandherden hat die Verbraucher in Europa zuletzt wieder stark verunsichert. „Im Sommer herrschte noch der Eindruck, als ob sich die Länder langsam von der Rezession erholen können.
Aber jetzt haben wir einen Rückschlag hinnehmen müssen, die Stimmung hat sich verschlechtert“, sagte Konsumexperte Rolf Bürkl vom Marktforschungsunternehmen GfK am Dienstag in Nürnberg. Vor allem die Diskussionen um eine Rettung Griechenlands sowie die verschärfte Schuldenkrise in Frankreich und Italien hätten im dritten Quartal zur Verunsicherung der Verbraucher beigetragen. Eine Ausnahme im positiven Sinne sei allerdings Deutschland.
Bürkls Angaben beruhen auf einer repräsentativen Umfrage der GfK in 12 EU-Staaten, die rund 80 Prozent der Bevölkerung abdecken. Vor allem im Süden, aber auch im Westen Europas blicken die Bürger demnach deutlich pessimistischer in die Zukunft. „Ein wichtiger Grund für die Vertrauenskrise ist, dass die Verbraucher den Eindruck haben, dass die Politik eher getrieben ist als selbst das Heft des Handelns in der Hand zu haben“, erläuterte Bürkl.
Dieses Vertrauen werde nicht allzu schnell wieder aufzubauen sein. „Das geht über die Erweiterung des Rettungsschirms hinaus. Da muss ein Signal kommen, dass man den Euroraum in dieser Form erhalten will“, betonte Bürkl. Auch Spekulanten müsse wirksam ein Riegel vorgeschoben werden. Zudem müsse die Politik zur Konsolidierung der Banken und einem möglichen Schuldenschnitt in Fall Griechenland geschlossen Stellung nehmen.
Doch laut Bürkl ist die Stimmung nicht überall mies: „Es gibt einen Ausreißer im positiven Sinne, das ist Deutschland.“ Auch eine am Dienstag vorgestellte repräsentativen Umfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) zeigt, dass gut zwei Drittel der Bundesbürger ihr Konsumverhalten nicht ändern wollten; weitere 10 Prozent wollen demnach mehr ausgeben und 24 Prozent weniger. Dank steigender Einkommen legten die Deutschen zugleich einiges auf die hohe Kante: Die Sparquote stieg 2010 um 0,3 Punkte auf 11,4 Prozent, gut 186 Milliarden Euro Vermögen wurden in Deutschland neu gebildet. Das sind 9,4 Milliarden mehr als 2009.
Europaweit betrachtet lassen steigende oder drohende Steuern und Abgaben sowie das verlangsamte Wirtschaftswachstum jedoch viele Bürger beim Griff zum Portemonnaie zögern. Vor allem Portugiesen, Briten und Rumänen verschieben laut GfK teurere Anschaffungen. Wegen der anhaltenden Diskussion um Griechenland brachen zudem die Konjunkturerwartungen seit der Jahresmitte nahezu durchgängig massiv ein. In Griechenland erreichte der Index einen negativen Rekordwert. Dort rechnen die Bürger auch am stärksten mit sinkenden Einkommen, gefolgt von den Franzosen.
Finanzexperten schätzen die Konjunkturaussichten ebenfalls schlecht ein - und zwar so schlecht wie seit drei Jahren nicht mehr. Die ZEW-Konjunkturerwartungen gingen im Oktober um 5,0 Punkte auf minus 48,3 Zähler zurück, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim mitteilte. Damit fiel der Index den achten Monat in Folge. Auch die Lagebeurteilung gab erneut nach. Zudem befürchten inzwischen 45 Prozent der Unternehmen aufgrund der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen Geschäftsrisiken. Dies geht aus der aktuellen Herbst-Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags hervor, die die „Neue Osnabrücker Zeitung“ vorab zitierte.