Krise lässt deutschen Gasmarkt bisher kalt
Trotz Ukraine-Konflikt bleiben die Preise für Verbraucher stabil.
Die Angst vor steigenden Gaspreisen wegen der Ukraine-Krise hat sich bislang als unbegründet erwiesen. An den Gasverbrauchern in Deutschland ist jede Eskalation des Konflikts zwischen Russland und dem Rest der Welt spurlos vorübergegangen. „Die Gaspreise sind stabil“, sagt Florian Krüger vom Verbraucherportal Verivox. Der Index für die Gas-Verbraucherpreise, den Verivox bei den mehr als 700 deutschen Versorgungsunternehmen ermittelt, hat sich in diesem Jahr nur wenig verändert. Er steht aktuell bei 6,52 Cent je Kilowattstunde (bei einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden), gegenüber 6,57 Cent zum Ende des Vorjahres.
Es gibt mehrere Faktoren, die entlastend auf den deutschen Gasmarkt wirken. Der Gasverbrauch ging — auch durch den milden Winter — im ersten Halbjahr gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um fast 20 Prozent zurück, teilte die AG Energiebilanzen mit. Das ist nicht das Gleiche wie der Importbedarf, aber auch der war rückläufig. Die Gaseinfuhren reduzierten sich nach den Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) um 5,3 Prozent. Wichtigster deutscher Gaslieferant ist unangefochten Russland, das 1,6 Prozent weniger Gas lieferte.
Die Gasspeicher sind zum Ende des Sommers in Europa zu 86 Prozent ausgelastet, das ist relativ viel. Deutschland verfügt über die mit Abstand größte Speicherkapazität und hat seine Speicher zu 88 Prozent gefüllt. Das würde selbst dann über den Winter reichen, wenn die russischen Lieferungen komplett ausfallen würden. Doch damit rechnet niemand. „Wir beobachten mit einiger Sorge die Vorgänge in der Ukraine und ihre Folgen“, sagt Adrian Schaffranietz vom Energiekonzern Eon. „Unmittelbare Auswirkungen von Sanktionen auf unsere Aktivitäten sehen wir nicht.“
Die russischen Gaslieferungen sind langfristig vereinbart und die Preisformel sieht vor, sich mit einiger Verzögerung an den Preisen für Öl und Ölprodukten zu orientieren. Doch das gilt nicht mehr ohne Einschränkung. Zu Beginn des Jahres senkte Gazprom den Preis für Gaslieferungen ins Ausland um elf auf 272 Euro je 1000 Kubikmeter, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die deutschen Abnehmer von Gazprom haben schon mehrfach in Nachverhandlungen Preissenkungen erreicht, weil der Gazprom-Preis andernfalls nicht mehr marktgerecht gewesen wäre.
Das macht sich bei der Gasrechnung bemerkbar. Insgesamt bezahlte Deutschland im ersten Halbjahr 12,1 Milliarden Euro für Gas aus ausländischen Quellen; im Vorjahreszeitraum waren es 14,5 Milliarden Euro.