Kritik an Mehdorn nach BER-Termin-Warnung
Potsdam/Berlin (dpa) - Nach der neuen Planänderung am künftigen Hauptstadtflughafen stehen Geschäftsführer Hartmut Mehdorn und der Aufsichtsrat abermals in der Kritik.
Die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit und Dietmar Woidke (beide SPD), wollen an diesem Donnerstag mit Mehdorn die Lage beraten. Er hatte am Montag die ab Juli die geplante Sanierung der nördlichen Rollbahn verschoben und vor einer Eröffnung des Flughafens erst 2016 gewarnt.
Die Opposition in Bund und Ländern bemängelte, den Verantwortlichen fehle die Fachkompetenz. Stellungnahmen der Regierungen Berlins und Brandenburgs machten unterdessen deutlich, dass die Interessen der beiden Flughafen-Haupteigner deutlich auseinanderdriften.
Brandenburgs Ministerpräsident Woidke nannte die Verschiebung der Nordbahn-Sanierung auf März 2015 „richtig und notwendig“. Nur so könne der rechtlich gebotene Schallschutz gewährleistet werden, teilte Woidke mit. Mehdorn wollte die alte Schönefelder Rollbahn ab Juli sanieren, bevor alle von den Ausweich-Routen Betroffenen Schallschutz haben.
Das Land Berlin war unterdessen bemüht, den Zeitdruck bei dem Projekt aufrecht zu erhalten. Die Planänderung sei kein Grund für eine Verzögerung, machte Senatssprecher Richard Meng am Dienstag deutlich. „Mehdorns zentrale Aufgabe ist die zügige Eröffnung des Flughafens.
Daran wird er gemessen und da hat er auch die Rückendeckung der Gesellschaft.“ Die in Berlin mitregierende CDU warf Brandenburg vor, mit „permanenten taktischen Wahlkampfspielchen“ dem Flughafenstandort zu schaden. Ähnlich äußerte sich die FDP in Brandenburg.
Die Wirtschaft in der Region kritisierte, die ständigen Verzögerungsmeldungen des Flughafens verunsicherte die Unternehmen und potenzielle Investoren. „Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen werden damit gefährdet“, sagte Christian Amsinck, der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg.
Der Obmann der Linkspartei im Bundestags-Verkehrsausschuss, Herbert Behrens, forderte, dass der Flughafen jetzt Gas gebe beim Schallschutz. „Zwei große Pleiten innerhalb einer Woche sind selbst für das Pannenprojekt BER ungewöhnlich.“
Der neue Flughafen übernimmt die alte Start- und Landebahn des benachbarten alten Flughafens Schönefeld. Sie muss aber saniert werden. Nach Mehdorns Plan fliegen die Maschinen ab Schönefeld dann von der neu gebauten Start- und Landebahn, die etwa zwei Kilometer weiter südlich am neuen Terminal liegt.
Dann wären aber 4700 Haushalte neu vom Fluglärm betroffen, die noch nicht ausreichend mit Schallschutzfenstern, Dämmungen und Lüftern ausgestattet sind. Die Luftfahrtbehörde beharrte darauf, dass sie komplett Schallschutz haben, bevor die ersten Flieger von der Südbahn abheben - daraufhin verschob Mehdorn die Nordbahn-Sanierung.
„Jetzt rächt sich, dass der Aufsichtsrat nicht mit Experten aus Wirtschaft und Baubranche besetzt wurde“, sagte die Grünen-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop, der Nachrichtenagentur dpa.
Der Vorsitzende des Berliner Flughafen-Untersuchungsausschusses Martin Delius (Piratenpartei) kritisierte: „Wir wissen weder, wie die finanzielle Situation der Flughafengesellschaft ist, noch wie der Termin- und Umsetzungsplan genau aussieht.“ Eine Eröffnung 2016 sei schon seit längerem realistischer als 2015, sagte Delius dem Radiosender 104.6 RTL. Die Oppositionsfraktionen im Potsdamer Landtag beantragten „aufgrund des dringenden Klärungsbedarfs“ eine Sondersitzung des Flughafen-Ausschusses am Donnerstag.
Noch im Januar hatte Mehdorn versichert, alles für eine Inbetriebnahme des Flughafens im Jahr 2015 zu tun. Doch schon in der vergangenen Woche sagte er den für Juli geplanten Testbetrieb in einem Seitenflügel des Terminals ab. Der Flughafenchef verwies auf mangelnde Unterstützung im Aufsichtsrat.