Küchenbauer Alno verhandelt über frische Millionen
Pfullendorf (dpa) - Es werden entscheidende Wochen für den Küchenmöbelhersteller Alno. Nachdem der Konzern jahrelang immer tiefer in die roten Zahlen gerutscht ist und neue Schulden angehäuft hat, will der Vorstand die Finanzen wieder auf gesunde Füße stellen.
Die Zeit drängt. Banken und Lieferanten haben im Moment zwar einen Zahlungsaufschub gewährt, doch diese Vereinbarungen laufen in knapp einem Monat aus. Der Vorstand lässt keinen Zweifel daran, dass er bis dahin genügend frisches Geld bei den Investoren auftreiben wird. Doch noch ist das Rettungskonzept nicht in trockenen Tüchern. Wirtschaftsprüfer weisen auf zahlreiche Gefahren hin.
Vorstandschef Max Müller hatte die Finanzierungsprobleme des Unternehmens eigentlich schon vor eineinhalb Wochen für beendet erklärt. „Trendwende vollzogen: Alno AG macht Weg frei für langfristige Neufinanzierung“ war die Überschrift über einer Pressemitteilung. Darin berichtete er von „fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit Investoren, die im Ergebnis Alno dabei helfen sollen, innerhalb weniger Jahre die drückende Schuldenlast abzutragen. Doch bislang gibt es nur unverbindliche Absichtserklärungen.
Wie viel Geld genau Alno braucht, dazu macht das Unternehmen keine Angaben. Der 1850 Mitarbeiter große Konzern häuft seit Jahren Schulden an. Seit dem Börsengang 1995 gab es nur in drei Jahren einen knappen Gewinn, der Umsatz beim einstigen Marktführer für Küchenmöbel schrumpfte beständig. Branchenexperten glauben, dass sich die Möbelfabrik im oberschwäbischen Pfullendorf in den 1990er Jahren verzettelt hat. Konkurrent Nobilia etwa verzichtete auf Übernahmen angeschlagener Konkurrenten und konzentrierte sich auf sein Stammgeschäft. Alno hingegen erwarb zahlreiche neue Marken, die sich letztlich immer weniger voneinander unterschieden.
Im vergangenen Jahr stand bei einem Umsatz von 452,8 Millionen Euro unter dem Strich ein Verlust von 25,6 Millionen Euro - obwohl die Branche seit einigen Jahren florierende Geschäfte vermeldet. Das Eigenkapital wird im Geschäftsbericht für Ende 2011 mit minus 73,3 Millionen Euro ausgewiesen. Zum Jahresbeginn 2012 habe sich das Eigenkapital durch einen Forderungsverzicht eines Gesellschafters allerdings bereits um 25 Millionen Euro verbessert, betonte ein Sprecher. Die Nettoverschuldung stand zum Jahreswechsel bei fast 110 Millionen Euro. An der Börse haben die Alno-Papiere seit einem Höhepunkt vor fünf Jahren rund 90 Prozent an Wert verloren.
Jetzt scheinen die Finanzprobleme noch drängender zu werden als sie bislang waren. Laut Geschäftsbericht laufen Vereinbarungen mit Banken und Lieferanten, die ihre Forderungen an Alno derzeit gestundet haben, am 20. Juli aus. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC schreibt in einem Gutachten: „Das Verhältnis bzw. die Situation mit Warenkreditversicherern und Lieferanten ist angespannt.“
Doch Finanzvorstand Ipek Demirtas betonte auf Anfrage: „Vor dem Hintergrund der laufenden Gespräche mit unseren Finanzierungspartnern und Hauptaktionären sind wir überzeugt, dass die Alno AG auch über den 20. Juli 2012 hinaus über eine solide Liquiditätsausstattung verfügt.“
Die Wirtschaftsprüfer von PwC und auch von Ernst & Young sehen letztlich auch keine Alternative dazu. Die Zukunft von Alno hänge davon ab, das der Vorstand sein Finanzierungskonzept rechtzeitig umsetzen könne, betont Ernst & Young.
Alno arbeitet unterdessen daran, vor allem sein Auslandsgeschäft anzukurbeln. Am Montag verkündete der Konzern die Übernahme des britischen Händlers Built-In Kitchens. Auch seine Logistik will Alno mit drei Zukäufen wieder selbst in die Hand nehmen.
Die Arbeitnehmer haben weiterhin Vertrauen in ihren Vorstand. „Ich denke, dass die Verhandlungen so weit gediehen sind, dass man davon ausgehen kann, dass es so kommt“, sagt der Konzernbetriebsratschef und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Rudolf Wisser. Und auch der zuständige IG-Metall-Bevollmächtigte Michael Föst sagt: „Das Konzept ist da. Jetzt muss es umgesetzt werden.“ Ohnehin sei Alno in den vergangenen Jahren schon oft totgesagt worden, sagt ein Beobachter, der den Küchenbauer seit Jahren kennt. „Bis jetzt ist dann aber doch jedes Mal wieder ein Geldgeber eingesprungen.“