BER: Eröffnungstermin wackelt, Blamage nicht ausgeschlossen
Berlin/Schönefeld (dpa) - „Katastrophen-Moloch“ und „Armutszeugnis“: Wegen der Kostenexplosion beim Hauptstadtflughafen und der Unklarheit über die Eröffnung gehen Kritiker nun gegen die Verantwortlichen in die Offensive.
Nach „Tagesspiegel“-Informationen könnte der Brandschutz eine größere Hürde für die Eröffnung werden als bislang bekannt, da umfangreiche Umbauten drohten. Flughafensprecher Ralf Kunkel nannte den Bericht jedoch „reichlich übertrieben“.
Kritiker gingen vor allem mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft, Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), hart ins Gericht: „Es ist ein Armutszeugnis für Klaus Wowereit, dass auch nach der Sitzung des Aufsichtsrats weiter Unklarheit herrscht, wann der Flughafen eröffnet werden kann“, kritisierte die Grünen-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop, am Samstag. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, kommentierte, der Bau werde zu einer „Chronique scandaleuse“.
Der Aufsichtsrat des Flughafens Berlin Brandenburg hatte sich am Freitag darauf verständigt, erst im August zu entscheiden, ob der gerade erst auf den 17. März 2013 verschobene Starttermin zu halten ist. Zudem wird der Airport wohl mehr als vier Milliarden Euro kosten - also gut eine Milliarde Euro mehr als zuletzt geplant.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Chef des Kontrollgremiums, sagte nach der Sitzung, dass nun die Planungen für die Entrauchungsanlage geprüft würden, um letzte Zweifel am Zeitplan auszuräumen. Die ursprünglich für den 3. Juni geplante Eröffnung des Prestigeprojekts in Schönefeld war wegen massiver Probleme mit der Brandschutztechnik kurzfristig geplatzt. Der „Tagesspiegel“ berichtete am Sonntag, an der Anlage drohten umfangreiche Umbauten. Flughafensprecher Ralf Kunkel widersprach, der Bericht sei reichlich übertrieben: „Wir müssen da jetzt auch nicht mehr Panik machen als nötig“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Airportchef Rainer Schwarz hatte am Freitag vorgerechnet, dass wegen der Verschiebung des Betriebsstarts vorerst mit Mehrkosten von 586 Millionen Euro kalkuliert werde. Dies komme zu den zuletzt mit 3,1 Milliarden Euro veranschlagten Gesamtkosten dazu. Ursprünglich war von 2,5 Milliarden Euro Kosten ausgegangen worden.
Zusätzlich muss laut Wowereit mit bis zu 591 Millionen Euro für einen erweiterten Lärmschutz gerechnet werden, den ein Entscheid des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg verlangt - dies erreiche ganz andere Dimensionen als geplant. Wowereit kündigte weitere juristische Prüfungen an. Die Vorsitzende der Linke-Fraktion im von Rot-Rot regierten Land Brandenburg, Kerstin Kaiser, forderte, den Schallschutz für die Anwohner laut Planfeststellungsbeschluss umzusetzen - „und zwar endlich ohne Trickserei“.
Insgesamt könnten die Mehrkosten bei bis zu 1,17 Milliarden Euro liegen - damit würde das Gesamtprojekt etwa 4,2 Milliarden Euro verschlingen. Der Finanzrahmen für den Flughafen liegt bisher bei 3,36 Milliarden Euro - davon stammen 2,4 Milliarden aus Krediten.
Nun steht auch die Frage im Raum, wie das zusätzliche Geld aufgebracht werden soll. Ein Konzept soll die Flughafengesellschaft bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung im August vorlegen. Dabei sei sie zuerst selbst am Zuge, betonte Wowereit. Der Bund und die beiden Länder stünden aber zu ihrer Verantwortung als Gesellschafter. Dass sie Kapital nachschießen könnten, sei nicht ausgeschlossen.
Für Berlin hatte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) schon einmal die Ausgabe von Anleihen zur Entlastung der Landeskasse angeregt. Anleihen würden von der Flughafengesellschaft ausgegeben und von privaten und institutionellen Anlegern erworben. Sie würden von der Gesellschaft verzinst und zurückgezahlt und somit die öffentlichen Haushalte nicht direkt belasten. Diese würden allerdings bei Zahlungsschwierigkeiten des Flughafens einspringen.
Für Brandenburg brachte die CDU-Fraktion einen möglichen Nachtragshaushalt ins Spiel. „Damit frisst der Katastrophen-Moloch Flughafen die Steuermehreinnahmen, die der Haushaltskonsolidierung dienen sollten, komplett auf.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Holzschuher betonte: „An unserem Ziel, im Jahr 2014 ohne Neuverschuldung auszukommen, halten wir fest.“