Kundenansturm auf „Model 3“: Kann Tesla Versprechen halten?

Palo Alto (dpa) - Ab Ende 2017 soll das „Model 3“ ausgeliefert werden. Doch angesichts von Teslas Hang zu Verspätungen musste Elon Musk bei dieser Ankündigung selbst schmunzeln.

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„Ich bin recht zuversichtlich, dass es nächstes Jahr wird“, sagte der Firmenchef bei der Premiere des Wagens vergangene Woche unter dem Gelächter der Zuschauer. Doch die Sache ist durchaus ernst - Hunderttausende Kunden warten, Fehler sind diesmal nicht erlaubt.

Dass Tesla einen Zeitplan einhält, wäre ungewöhnlich. Bei anderen Modellen musste das Unternehmen die Premieren wiederholt verschieben. Vor wenigen Tagen räumte Musk sogar erstmals „Überheblichkeit“ ein, nachdem Tesla die Absatzprognose für das erste Quartal verfehlte. Bei der Fertigung des Elektro-SUV „Model X“, der im Herbst auf den Markt kam, habe man die Kapazitäten überschätzt und sich übernommen.

Die offene Selbstkritik bringt Musk zwar die Sympathie seiner Fans ein. Ein Stotterstart sollte sich beim „Model 3“ trotzdem besser nicht wiederholen. Der erste Tesla-Stromer für den Massenmarkt, der mit einem Einstiegspreis von 35 000 Dollar (31 000 Euro) weniger als die Hälfte der bisherigen Modelle kostet, hat einen Mega-Hype entfacht. Die Bestellungen sind in einer Woche auf über 325 000 gestiegen - ein Auftragsvolumen von mehr als 14 Milliarden Dollar.

Das ist ein riesiger Erfolg für das noch junge Unternehmen aus dem Silicon Valley, dem Experten zutrauen, mit seiner Tech-Expertise und Strahlkraft die Branche zu revolutionieren. Aber es ist auch eine Bürde. Kaufinteressenten müssen 1000 Dollar für das „Model 3“ anzahlen. Und jetzt hat Tesla es nicht mehr mit betuchten Kunden zu tun, die geduldig auf ein Luxus-Elektrogefährt als Zweitwagen warten.

Experten sind skeptisch, ob die ambitionierten Pläne eingehalten werden können. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Tesla in der Lage sein wird, ab Ende 2017 mit der Auslieferung zu beginnen“, meint Analyst Brian Johnson von der Barclays Bank. Er rechnet damit, dass die ersten Kunden 2018 ihre Wagen erhalten und es beim Anlauf der Produktion Startschwierigkeiten geben wird.

Tesla-Chef Musk weiß um die Zweifel. Um beim „Model 3“ im Zeitplan zu bleiben, werde auf „Abenteuer“ wie beim „Model X“ verzichtet. Bei dem Luxus-SUV, der mit aufwendigen Spielereien wie Turbo-Start-Button und Flügeltüren kommt, habe man den Fehler gemacht, schon bei der ersten Version zuviel technische Gimmicks einbauen zu wollen. Das soll sich nicht wiederholen, verspricht Musk.

Doch nach Einschätzung von Barclays-Experte Johnson liegt die größere Herausforderung im Aufbau einer Produktionsplattform für die Massenherstellung. Tesla habe bislang keine Erfahrung mit der Fertigung in hohen Stückzahlen und müsse sich für das „Model 3“ neu aufstellen. Während die Komponenten der Oberklasse-Wagen „Model S“ und „Model X“ große Überschneidungen hätten, seien die Bauteile für das Mittelklasse-Modell weitgehend neu.

Die Eroberung des Massenmarkts ist ein entscheidender Schritt im langfristigen Business-Plan. Das 2003 in Palo Alto gegründete Unternehmen hat in seiner Firmengeschichte noch nie einen Jahresgewinn erzielt, wird aber an der Börse mit fast 34 Milliarden Dollar bewertet. Die Anleger kaufen Musk seine großen Ziele ab - bis 2020 soll Teslas Jahresproduktion auf 500 000 Autos steigen.

Zum Vergleich: 2015 brachte das Unternehmen gerade mal 50 580 Wagen auf die Straße und im ersten Quartal scheiterte es am Auslieferungsziel von 16 000 Stück. Musk, der sein Vermögen mit dem Bezahldienst Paypal machte und neben Tesla auch noch die Raumfahrtfirma SpaceX führt, verspricht Turbo-Wachstum. Doch dafür müssen diverse Herausforderungen gemeistert werden.

Zur geplanten Massenfertigung zählt auch eine riesige Fabrik für Batterien, mit denen die Elektroautos betrieben werden sollen. „Gigafactory“ und Mittelklasse sollen Tesla profitabel machen, verschlingen aber zunächst viel Geld. Kunden und Investoren haben Tesla einen milliardenschweren Vertrauensvorschuss gegeben - jetzt muss geliefert werden.