Leiharbeit nimmt zu - zwei Drittel zuvor ohne Job
Nürnberg/Frankfurt (dpa) - Die Leiharbeit in Deutschland nimmt zu - und mit ihr die Chancen für Arbeitslose, wieder einen Job zu bekommen. Doch die oft beschworene „Brücke in den Arbeitsmarkt“ trägt nicht immer weit, wie die jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen.
Nach maximal drei Monaten ist für die Hälfte der Leiharbeiter schon wieder Schluss. 910 000 Menschen waren nach den neusten Daten vom vergangenen Juni bei einem der bundesweit 17 400 Verleihbetriebe beschäftigt. Das ist ein Plus von 13 Prozent im Jahresvergleich und 14 Prozent mehr als direkt vor der großen Wirtschaftskrise im Juni 2008.
„Leiharbeit stellt eine Beschäftigungsperspektive für Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer, Berufseinsteiger oder Berufsrückkehrer dar“, kommentierte die BA. Schließlich hatten fast zwei Drittel der Beschäftigten direkt vor ihrer Anstellung keinen Job. Doch auch die Leiharbeit bietet oftmals keine langfristige Perspektive. „Die häufig kurze Dauer von Leiharbeitsverhältnissen deutet darauf hin, dass Verleiher ihren Personalbestand möglichst elastisch ihrer Auftragslage anpassen“, erläuterte die BA.
Die IG Metall kritisierte hingegen, dass ein großer Teil der Leiharbeiter sehr lange in den Betrieben bleibe. So hätten in einer Gewerkschaftsumfrage im November 55 Prozent angegeben, bereits länger als ein Jahr in dem Ausleihbetrieb zu arbeiten. Das belege deutlich den Missbrauch von Leiharbeit, sagte Gewerkschaftsvize Detlef Wetzel. Über so genannte Werkverträge würden zudem immer mehr industrielle Dienstleistungen ausgelagert und eine dritte, noch niedrigere Lohnlinie in den Betrieben eingeführt.
Die IG Metall will über eine Doppelstrategie die Leiharbeit regulieren und verteuern. So soll mit den Metallarbeitgebern über Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte beim Leiharbeitereinsatz gesprochen werden, während mit den Zeitarbeitsverbänden ab dem kommenden Monat über Branchenzuschläge und Einsatzzulagen verhandelt werde. Gewerkschaftschef Berthold Huber rechnet nicht mit einem schnellen Abschluss.
Gerade nach der letzten Wirtschaftskrise hatte der Anteil der Leiharbeiter an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten - als Gradmesser für die relative Bedeutung der Branche - stark zugenommen. Waren es im Juni 2008 wie 2009 jeweils 2,6 Prozent, so stieg der Wert im Juni vergangenen Jahres auf 2,9 Prozent an.
Den jüngsten Daten zufolge sind 73 Prozent der Leiharbeiter Männer, die vor allem im gewerblichen Bereich als Hilfsarbeiter oder als Schlosser und Mechaniker arbeiten. Wie in den vergangenen Jahren lag der Anteil der Hilfsarbeiter bei rund einem Drittel. Weitere 30 Prozent aller Leiharbeiter übten einen Dienstleistungsberuf aus, jeder Fünfte einen Metall- oder Elektroberuf.