Lufthansa setzt Carsten Spohr ins Cockpit
Der 47-Jährige galt als Favorit für die Nachfolge von Christoph Franz. Er muss den Sparkurs im Konzern nun fortsetzen.
Frankfurt. Die Deutsche Lufthansa bekommt einen neuen Chef aus dem eigenen Haus: Der als Kronprinz gehandelte Carsten Spohr (Foto, 47) wird am 1. Mai Nachfolger von Christoph Franz. Spohr hatte umgehend als Favorit gegolten, als Franz im September vergangenen Jahres seinen überraschenden Wechsel zum Schweizer Pharma-Riesen Roche bekanntgegeben hatte.
Doch Lufthansa-Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber prüfte auch externe Kandidaten — und war wegen der sich über Monate hinziehenden Chefsuche zunehmend in die Kritik von Anlegern, Analysten und Medien geraten. Mayrhuber lobte nach der Entscheidung die Industrieerfahrung Spohrs sowie dessen Managementfähigkeiten, Leidenschaft und Loyalität für die Lufthansa. „Mit Carsten Spohr wissen wir die Zukunft von Lufthansa in guten Händen.“
Spohr übernimmt eine bereits in vielerlei Hinsicht umgekrempelte Lufthansa. Der nüchtern-analytische Franz hat einige heilige Kühe des ehemaligen Staatsfliegers geschlachtet: Die eigenen Rechenzentren sind bald Geschichte, 3500 Verwaltungs-Jobs gestrichen, und auch die Konzernzentrale in Köln wird dichtgemacht. An vielen Flughäfen in Deutschland und Europa ist der Kranich zudem nicht mehr zu sehen: Seit vergangenem Jahr übernimmt die Tochter Germanwings einen Großteil der Strecken auf dem heimischen Kontinent abseits der Drehkreuze München und Frankfurt.
Der Markenwechsel ist einer der Kernpunkte des Sparprogramms „Score“, das insgesamt mehr als 2000 Einzelmaßnahmen umfasst — darunter das komplette Entladen eines Airbus-Jets, um unnötigen Ballast zu entdecken und so Sprit zu sparen. Metzler-Analyst Jürgen Pieper ist von der Komplexität des Sparprozesses beeindruckt und sagt: „Wenn Score klappt, ist die Lufthansa-Aktie 25 Euro wert.“ Gestern lag das Papier bei knapp 18 Euro.
Einen Kuschelkurs mit der Belegschaft kann sich der umgängliche und kommunikative Spohr nicht leisten. Franz hat seinen Nachfolger bereits öffentlich davor gewarnt, den Sparschub zurückzunehmen. Das Unternehmen muss sich in einem weiterhin schwierigen Umfeld bewähren, denn Europa bleibt der am härtesten umkämpfte Luftverkehrsmarkt weltweit. Insbesondere British Airways ist schlank und kostengünstig aufgestellt, doch die eigentliche Bedrohung sehen die Lufthansa-Strategen woanders.
Die Fluglinien vom Persischen Golf — Emirates, Qatar und Etihad — haben hunderte Großraum-Jets bestellt, mit denen sie künftig auch auf die derzeit noch lukrativen Nordatlantikverbindungen drängen werden.
Lufthansa hat bislang kein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie sie mit der Herausforderung aus den Emiraten umgehen will. Eine Reaktion scheint die schleichende Abkehr vom Drehkreuz-Konzept zu sein. Neue Großraumjets vom Typ Airbus A380, die über die klassischen Hubs mit Zubringerflügen gefüllt werden müssten, haben die Frankfurter jedenfalls nicht mehr bestellt. Als eine Art Anti-Emirates muss der Kranich möglichst viele attraktive Direktverbindungen aus Kerneuropa anbieten.