Mehdorn stellt Flughafen bei strengerem Nachtflugverbot infrage
Berlin (dpa) - Knapp ein Jahr nach seinem Amtsantritt holt Flughafen-Chef Mehdorn zum Rundumschlag aus. Er lehnt sich gegen das Nachtflugverbot auf, ätzt gegen Rufe nach mehr Schallschutz und das deutsche Baurecht.
Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn zeigt sich im Streit um ein Nachtflugverbot am künftigen Hauptstadtflughafen kompromisslos. Rund ein Jahr nach seinem Amtsantritt stellte der Manager das Milliarden-Projekt sogar grundsätzlich infrage, sollte es zu einem strengeren Nachtflugverbot kommen. Die Äußerungen brachten Mehdorn heftige Kritik ein.
„Eine Ausweitung des nächtlichen Flugverbots halten wir nicht für erforderlich. Sollte es dennoch dazu kommen, dann hätte man diesen Flughafen gar nicht bauen müssen“, sagte Mehdorn der „Bild am Sonntag“. „Ein Hauptstadt-Airport sollte nach meiner Überzeugung überhaupt keinerlei zeitlichen Einschränkungen unterliegen, 24 Stunden offen sein. So ist es auf der ganzen Welt.“ Zudem sagte Mehdorn zu den Kosten für das Bauprojekt: „Am Ende wird der BER im internationalen Vergleich ein preiswerter Airport sein.“
Seit langem gibt es Streit um ein strengeres Nachtflugverbot am künftigen Berliner Hauptstadtflughafen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dringt nach einem erfolgreichen Volksbegehren auf eine längere Nachtruhe und ein Flugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr. Er stellt sich damit gegen die anderen beiden Flughafen-Eigentümer, das Land Berlin und den Bund.
In der Planfeststellung ist ein Flugverbot zwischen 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr am neuen Flughafen festgelegt. Ein Sprecher des Berliner Senats sagte am Samstag: „Wir haben diese Regelung und bei der bleibt es.“ Darüber hinaus wollte er sich zu den Aussagen Mehdorns nicht äußern.
Die Öffnung des neuen Flughafens war wegen Baumängeln mehrfach verschoben worden, einen konkreten neuen Termin gibt es ebenso wenig wie Angaben über die endgültigen Kosten.
Flughafen-Chef Mehdorn sagte zugleich mit Blick auf die Sorgen der Flughafen-Anwohner: „Natürlich haben wir als Management eine Verantwortung dafür, die Lärmbelästigung der Anwohner zu minimieren.“ Es gebe deshalb Lärmschutzmaßnahmen, „die es in diesem Ausmaß und dieser Qualität nirgendwo auf der Welt gibt“. Jedes Gespräch in einem Büro mache mehr Lärm als die Landung eines Flugzeugs im Hausinneren in der Flughafenumgebung machen dürfe.
Die Bürgerinitiative Friedrichshagen reagierte empört auf diesen Vergleich. „Das ist totaler Blödsinn“, sagte ihr Sprecher Joachim Quast am Samstag. „Solche Floskeln sind Bauernfängereien, die wieder einmal zeigen, wie wenig sich Herr Mehdorn mit dem Thema Schallschutz auseinandersetzt.“
Verärgert über Mehdorns Äußerungen zeigte sich auch Brandenburgs Finanzminister und Flughafen-Aufsichtsratsmitglied Christian Görke (Linke). Er forderte Mehdorn auf, mehr Respekt vor dem Volksbegehren für ein längeres Nachtflugverbot zu zeigen. Die Grünen-Politikerin Renate Künast kritisierte Mehdorns Umgang mit dem Schallschutz als „rüpelhaft“.
Mehdorn beklagte sich außerdem über das Baurecht in Deutschland. In einem Beitrag für das Magazin „Focus“ monierte er, der Staat sei „völlig überreguliert“. „Wir leisten uns eine undurchsichtige Kleinstaaterei, in jedem Bundesland gelten andere Regeln. Ständig wird das Baurecht um neue Vorschriften und Normen ergänzt“, schreibt der 71-Jährige. „Das Kapitel Baurecht ist ein Dorado für Mahner und Bedenkenträger geworden.“