Mehr im Geldbeutel: Tariflöhne steigen schneller als Preise
Wiesbaden (dpa) - Millionen Tarifbeschäftigte in Deutschland können sich über höhere Löhne und Gehälter freuen: Dank der jüngsten Abschlüsse bekommen sie mehr Geld von ihren Arbeitgebern. Und weil die Preise kaum stiegen, bleibt auch unterm Strich mehr übrig.
Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, stiegen die monatlichen Tarifverdienste einschließlich Sonderzahlungen im zweiten Quartal 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um durchschnittlich 3,1 Prozent. Im selben Zeitraum erhöhten sich die Verbraucherpreise dagegen nur um 0,5 Prozent.
Damit dürften viele Beschäftigte auch nach Abzug der Inflation mehr im Geldbeutel haben. Zumal der Preisauftrieb zuletzt weiter nachgelassen hat: Im August lagen die Verbraucherpreise wie schon im Juli nur um 0,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Berechnungen mitteilte.
Die Entwicklung fiel in einzelnen Wirtschaftszweigen allerdings sehr unterschiedlich aus. Mit am stärksten erhöhten sich die Tarifverdienste im Vergleich zum Vorjahresquartal in Bereichen, in denen überwiegend nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Gemeinden (TVöD) bezahlt wird, erklärten die Statistiker. So würden beispielsweise im Gesundheits- und Sozialwesen 3,7 Prozent mehr bezahlt als im Vorjahr.
Überdurchschnittliche Erhöhungen gab es auch bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (3,4 Prozent) sowie im Verarbeitenden Gewerbe (3,3 Prozent). Deutlich geringere Tarifanstiege waren in den Bereichen Handel (1,0 Prozent) sowie Grundstücks- und Wohnungswesen (0,6 Prozent) zu verzeichnen.
Real - also nach Abzug der Teuerung - steigen die Arbeitseeinkommen der meisten Tarifbeschäftigten in Deutschland aber: Die Tarifparteien haben Lohnabschlüsse deutlich über der Inflationsrate vereinbart. So erhalten die rund 3,7 Millionen Mitarbeiter in der Metall- und Elektroindustrie seit April 3,4 Prozent mehr Geld. In der chemischen Industrie gibt es 2,8 Prozent mehr, im Steinkohlenbergbau 3,6 Prozent.
Die Verbraucherpreise erhöhen sich hingegen kaum, so dass sich die Beschäftigten mehr leisten können. „Eine niedrige Inflationsrate oder gar fallende Preise sind ein Segen für die Verbraucher in Deutschland“, sagte ING-DiBa-Chefökonom Carsten Brzeski.
Zumal sich der jüngste Absturz der Ölpreise bereits an den Tankstellen bemerkbar macht. Nach Zahlen des ADAC kostet ein Liter E10 derzeit 1,363 Euro, ein Monat zuvor waren es noch 1,447 Euro.
In ihrer halbjährlichen Konjunkturprognose hatte die Deutsche Bundesbank im Juni für das Gesamtjahr 2015 einen Preisanstieg von 0,5 Prozent vorausgesagt. Inzwischen halten zahlreiche Ökonomen aber selbst dieses Mini-Plus für unrealistisch.