Verkauf möglich Merck prüft Abspaltung von rezeptfreien Arzneien

Darmstadt (dpa) - Der Darmstädter Merck-Konzern stellt die Weichen für seine Pharmasparte neu. Weil das Geschäft mit rezeptfreien Arzneien wie Nasenspray oder Multivitamintabletten offenbar nicht länger in das eigene Portfolio passt, erwägt Merck nun verschiedene Optionen für den Bereich.

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In Betracht kämen eine strategische Partnerschaft mit einem anderen Pharmakonzern oder ein teilweiser oder kompletter Verkauf, teilte der Dax-Konzern mit. Mögliche Maßnahmen müssten aber noch geprüft werden.

Spekulationen über einen Verkauf des Selbstmedikation-Geschäfts („Consumer Health“) gab in den vergangenen Jahren immer wieder. Noch im Mai war die Leiterin des Bereichs, Uta Kemmerich-Keil, in einem Interview mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX diesen entgegengetreten und hatte den Bereich als stabilen „Cash-Generator“ für den Konzern bezeichnet. 2016 Jahr erzielte Merck dort Umsätze von 860 Millionen Euro - rund 15 Milliarden Euro waren es konzernweit.

Gerade stabile Erträge sind ein Pfund, mit dem Merck nun bei Interessenten wuchern kann. Consumer Health habe eine solide Position in attraktiven Märkten und erziele wiederholt ein profitables Wachstum, erklärte Pharma-Vorstand Bélen Garijo. Doch der Konzern halte es für „zunehmend herausfordernd, dieses Geschäft intern so zu finanzieren, dass es die notwendige Größe erreichen kann“. An der Börse kam die Nachricht über mögliche Abspaltungspläne gut an. Merck-Aktien stiegen am Dienstag um gut 3 Prozent auf über 95 Euro.

Tatsächlich ticken die Uhren bei Merck inzwischen anders. Der Konzern hat durch Zu- und Verkäufe wie des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich den Umbau zu einem Wissenschafts- und Technologieunternehmen vorangetrieben. Nach Jahren der Flaute ist auch die Pharma-Sparte wieder in Fahrt. Zugleich spürt Merck den Innovationsdruck der Branche. „Healthcare setzt im Wesentlichen auf seine Biopharma-Pipeline“, sagte Merck-Chef Stefan Oschman laut Mitteilung. Bedeutet: Das Selbstmedikation-Geschäft fällt nicht darunter.

Die Hoffnungen in Darmstadt ruhen auf der jüngst in Europa zugelassenen Multiple-Sklerose-Tablette Cladribin („Mavenclad“), aber vor allem auf dem Krebsmedikament Avelumab. Das Mittel ist bereits in den USA für zwei kleinere Indikationen zugelassen, in Europa kann Merck auf eine erste Zulassung zur Behandlung eines seltenen und aggressiven Hautkrebs hoffen. Studien für zahlreiche weitere Tumorarten, die noch höhere Umsätze versprechen, laufen.

Doch die Forschung dafür ist intensiv und teuer. Merck-Chef Oschmann hatte daher für das laufende Jahr einen deutlichen Anstieg der Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Aussicht gestellt. Merck kündigte nun an, die Erlöse aus einer möglichen Transaktion des Selbstmedikation-Geschäfts einzusetzen, um die Finanzziele des Konzerns zu unterstützen. Zuletzt hatte Merck zum zweiten Quartal seine Umsatzziele auch wegen Konkurrenzproblemen im Flüssigkristall-Geschäft etwa für Displays senken müssen.