Metaller bekommen 3,4 Prozent mehr Geld - Streiks abgewendet

Böblingen (dpa) - Deutlich höhere Gehälter und kaum Bewegung bei den Teilzeitmodellen - so sieht der Tarifabschluss für mehr als 3,7 Millionen Beschäftigte der deutschen Metall- und Elektroindustrie aus.

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Auf einen entsprechenden Pilotabschluss einigten sich IG Metall und Arbeitgeber am Dienstag im baden-württembergischen Böblingen.

Sie vereinbarten eine Gehaltserhöhung um 3,4 Prozent vom 1. April dieses Jahres an. Für die Monate Januar bis März soll es zudem eine Einmalzahlung von 150 Euro geben, so dass sich eine Gesamtlaufzeit von 15 Monaten bis zum 31. März 2016 ergibt. Die Regelungen wurden auch in den Tarifbezirken Nordrhein-Westfalen und Bayern übernommen.

Mit ihrem Kompromiss bereits in der vierten Verhandlungsrunde haben die Tarifparteien einen Streik in der deutschen Schlüsselbranche abgewendet, der nach den Worten von Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger ungeheure Kosten nach sich gezogen hätte. Mit dem Abschluss sei man an die „absolute Grenze des Möglichen gegangen“, erklärte Dulger. Die IG Metall hatte in den vergangenen Wochen mehr als 850 000 Beschäftigte zu Warnstreiks bundesweit auf die Straße gebracht.

Neben dem Entgelt einigten sich die Tarifpartner auf Regelungen für eine bezuschusste Weiterbildungsteilzeit sowie auf eine attraktivere finanzielle Ausstattung der Altersteilzeit für untere Entgeltgruppen.

IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger betonte, der Abschluss sorge dafür, dass die Metaller real mehr Geld in der Tasche hätten: „Damit ist auch sicher gestellt, dass der derzeit wichtige Konjunkturmotor privater Konsum weiterhin auf Touren bleibt.“

Der Arbeitgeber-Chef im Südwesten, Stefan Wolf, sagte mit Blick auf die Einkommenserhöhung, die für die Mitarbeiter im Gesamtjahr knapp 3,6 Prozent mehr Geld bringe: „Für viele Betriebe geht der Abschluss schmerzhaft an die Belastungsgrenze.“ Dagegen bedeute der Kompromiss für die Metaller das „dickste Reallohnplus“ seit Jahrzehnten.

Die Gewerkschaft hatte ursprünglich 5,5 Prozent mehr Geld gefordert, Südwestmetall 2,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt angeboten. Zudem wollte der Verband die bisherige Altersteilzeitquote von vier Prozent der Belegschaft halbieren. Dies wehrte die IG Metall ab und setzte durch, dass die Bezieher geringer Einkommen künftig rund 90 Prozent ihres bisherigen Nettolohns während der Altersteilzeit erhalten. Damit werde ihnen der frühzeitige Ausstieg erleichtert.

In Nordrhein-Westfalen übernahmen die Tarifparteien den Abschluss aus dem Südwesten für die rund 700 000 Beschäftigten der Branche an Rhein und Ruhr. Der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, erklärte, damit werde nicht nur die Preissteigerung ausgeglichen.

Die Beschäftigen würden zudem deutlich an den guten Gewinnen der Unternehmen beteiligt. Die Arbeitgeber bezeichneten den Abschluss als „sehr hoch und für manche Betriebe schwer verkraftbar“. Auch in Bayern einigte man sich im Kern auf die Übernahme des Abschlusses für die rund 790 000 Beschäftigten der Branche im Freistaat. Die Gremien müssen der Einigung nun noch zustimmen.

In Baden-Württemberg werteten die Arbeitgeber es als Erfolg, dass neben besonders belasteten langjährigen Schichtarbeitern kein anderer Personenkreis festgelegt worden sei, der Ansprüche auf vorzeitigen Ruhestand habe. Sie hatten mit Blick auf den Fachkräftemangel davor gewarnt, denjenigen Ansprüche auf vorgezogenen Ruhestand zu gewähren, die „noch können, aber nicht mehr wollen“. Im Rahmen des Vier-Prozent-Anteils wird die Quote für die Belasteten, die vorrangig in die Altersteilzeit gehen dürfen, von 2,5 auf 3 Prozent erhöht.

Die IG-Metall-Forderung einer bezuschussten Weiterbildungsteilzeit wird insoweit realisiert, als dass die Betriebe mit Mitteln aus der Altersteilzeit Weiterbildungswillige unterstützen können - aber nicht müssen, wie es die Gewerkschaft angestrebt hatte. Die Arbeitgeber sahen es als Erfolg, dass sie die von der Gewerkschaft verlangten Ansprüche der Beschäftigten auf Zuschüsse für ihre Weiterbildung aus dem Topf für Altersteilzeit unterbinden konnten.

Der erste große Tarifabschluss des Jahres setzt nach Auffassung der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung ein wichtiges Signal für weitere Reallohnzuwächse in diesem Jahr. „Der Pilotabschluss von 3,4 Prozent ist eine Marke, die man jetzt nicht abschreiben, aber sich genau anschauen wird“, sagte der Tarifexperte Reinhard Bispinck. Er rechne mit Auswirkungen auf die bereits laufenden Verhandlungen in der Chemie-Industrie und im Öffentlichen Dienst der Länder. Am Jahresende werde für viele Arbeitnehmer ein kräftiges reales Plus übrig bleiben.

Die rund 790 000 Beschäftigten der Branche in Bayern erhalten vom 1. April an 3,4 Prozent mehr Geld sowie eine Einmalzahlung von 150 Euro für die Monate Januar bis März 2015, wie Gewerkschaft und Arbeitgeber am Abend in München mitteilten.