Milliardenskandal: US-Senat wirft JPMorgan massive Täuschung vor

Washington (dpa) - Im Skandal um fehlgeschlagene Spekulationen in Milliardenhöhe gerät die US-Großbank JPMorgan unter massiven politischen Druck.

Das Institut habe bei den im vergangenen Jahr aufgeflogenen Zockereien einer Londoner Abteilung Risiken ignoriert, Verluste vertuscht, die Aufsicht getäuscht und die Öffentlichkeit in die Irre geführt, heißt es in einem Untersuchungsbericht des US-Senats. Einen weiteren empfindlichen Tiefschlag gab es für JPMorgan am Donnerstagabend nach dem jährlichen Bankenstresstest. Demnach muss das Institut seine Planungen zur Kapitalausstattung binnen eines halben Jahres nachbessern.

Die Fehlspekulationen hatten bei der größten US-Bank im vergangenen Jahr ein Loch von 6,2 Milliarden Dollar in die Bilanz gerissen. Die Bank selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Der rund 300 Seiten starke Untersuchungsbericht wirft ein Schlaglicht auf die Investmentbanking-Branche. Experten diskutieren angesichts der massiven Vorwürfe auch die Frage, ob JPMorgan zu groß sei, um sicher gemanagt werden zu können. In dem konkreten Fall habe das Institut hochriskantes Zocken als Absicherungsgeschäft (Hedging) verkauft, heißt es in dem Bericht. Denn die Verluste entstanden ausgerechnet in einer Abteilung, die eigentlich Risiko begrenzen sollte.

Diese Feststellung befeuert in den USA die Diskussion über eine Verschärfung der Regeln für Banken. Die sogenannte „Volcker Rule“ soll das Spekulieren der Banken mit eigenem Geld verhindern oder zumindest stark einschränken. JPMorgan-Chef Jamie Dimon ist einer der größten Gegner.

Der Manager gerät durch den Untersuchungsbericht nun selbst unter Druck. Die Politiker von Demokraten und Republikanern kommen nach neunmonatiger Untersuchung zu dem Schluss, dass lange brenzlige Informationen über das Ausmaß der riskanten Derivate-Wetten auf Geheiß von Dimon vor der Öffentlichkeit verborgen werden sollten. Um die Verluste zu verschleiern, hätten Manager Risikomodelle angepasst und Händler dazu aufgefordert, ihre Positionen überzubewerten.

Ein Sprecher von JPMorgan sagte zu dem Bericht, dass die Bank wiederholt Fehler eingestanden habe. Bewusstes Fehlverhalten der Führungsspitze wies er aber zurück. „Unser Top-Management hat in gutem Glauben gehandelt und niemals die Absicht gehabt, irgendjemanden zu täuschen.“ JPMorgan kooperiere mit den Behörden und habe schon zahlreiche Probleme aufgedeckt, die in dem Untersuchungsbericht genannt werden.

In dem Skandal hatten Londoner Händler der Bank in einem kleinen Bereich des Kapitalmarkts ohne große Kontrollen riesige Handelspositionen aufgebaut. Einem JPMorgan-Beschäftigten brachte dies den Spitznamen „Der Wal von London“ ein. Der Fall hatte den Ruf der Bank erschüttert, die einer der großen Gewinner der Finanzkrise ist und eigentlich als Vorzeigeinstitut in den USA galt.

Derweil zeigte die US-Notenbank im zweiten Teil des jährlichen Fed-Stresstests neben der Goldman Sachs Group auch JPMorgan Chase die gelbe Karte. Zwar wurden deren Planungen zur Verbesserung der Kapitalausstattung nicht ausdrücklich abgelehnt. Sie müssen allerdings nachbessern und bis zum Ende des dritten Quartals neue Pläne vorlegen, teilte die Fed in Washington mit. Dabei geht es um Höhe und Qualität des Eigenkapitals - mit Blick auf die neuen strengeren Eigenkapitalregeln („Basel III“), die auch in den USA eingeführt werden sollen.

Zwei weitere Institute - Ally Financial INC. sowie die BB&T Corporation - fielen bei dem Test durch, ihre vorgelegten Kapitalpläne wurden abgelehnt. 14 der 18 überprüften Geldhäuser bestanden den Test, hieß es weiter.

Bei dem zweiten Teil des diesjährigen Stresstests standen die Kapitalpläne und Projektionen der Banken auf dem Prüfstand, dabei wurden vor allem etwa angestrebte Dividendenzahlungen sowie Aktienrückkäufe überprüft.

Mit dem Stresstest wird die Gesundheit und Krisenfestigkeit der Banken unter die Lupe genommen. Die Fed will eine Wiederholung der Finanzkrise 2008 verhindern, als taumelnde Finanzhäuser die Weltwirtschaft beinahe in den Abgrund stürzten.

Beim ersten Teil des Stresstests vergangene Woche kam die Fed zu dem Ergebnis, dass 17 der 18 wichtigsten Institute des Landes einen massiven Abschwung überstehen würden. Einzig die Geldreserven des Auto- und Hausfinanzierers Ally Financial rutschten im angenommenen Krisenszenario unter die geforderte Schwelle. Die Banken hätten ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Wirtschaftsszenarien verbessert, hieß es. Sie stünden von ihrer Kapitalausstattung besser da als vor der Finanzkrise 2008.