Die Zinsversprechen von sieben bis acht Prozent, die der Holzverarbeiter German Pellets aus Wismar gab, waren verlockend. Und nicht wenige Anleger aus ganz Deutschland - davon zeigte sich der Vorsitzende Richter am Landgericht Schwerin überzeugt - investierten, weil sie in Zeiten des Klimawandels und steigender Öl- und Gaspreise moderne Holzfeuerungsanlagen als zukunftsträchtig ansahen. Zeugen sagten vor Gericht aus, dass sie den Erwerb sogenannter Genussrechte als Teil ihrer Altersvorsorge eingeplant hatten.
Doch mit der Insolvenz des auf massives Wachstum getrimmten Unternehmens German Pellets am 10. Februar 2016 war der Großteil des angelegten Geldes verloren. Die Einlagen summierten sich nach früheren Angaben auf insgesamt etwa 260 Millionen Euro bei schätzungsweise 17.000 Betroffenen. Die strafrechtliche Aufarbeitung der Firmenpleite fand mit der Verurteilung des früheren Geschäftsführers nun ihren Abschluss.
Bewährungsstrafe von zwei Jahren
Das Landgericht sprach den heute 68 Jahre alte Firmengründer nach mehr als zweijähriger Prozessdauer der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie des mehrfachen Betrugs schuldig. Mit dem Strafmaß folgten die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die im Verlaufe des Verfahrens einen Großteil ihrer Anklagepunkte zurücknahm. Im Gegenzug hatte der Angeklagte die verbliebenen Taten eingeräumt. Im Rahmen eines sogenannten Verständigungsgespräches war ihm eine Haftstrafe von maximal zwei Jahren in Aussicht gestellt worden, ausgesetzt zur Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Vorwürfe wie bandenmäßiges Handeln, Steuerhinterziehung oder Vorenthalten von Sozialleistungen fielen nicht mehr ins Gewicht. Als Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit wurde nach Angaben des Richters der 1. Dezember 2015 festgelegt, und nicht März 2015, wie zu Prozessbeginn noch angenommen. Damit verringerte sich der Zeitraum der Insolvenzverschleppung erheblich und somit auch die Zahl der Fälle von Anlagenbetrug.
Laut Verteidigung fielen 97 Prozent der ursprünglichen Vorwürfe weg. Die verfahrensrelevante Schadenssumme habe sich durch den kürzeren Tatzeitraum von 77,3 Millionen auf 2,5 Millionen Euro verringert. Ins Gewicht fielen dem Urteil zufolge letztlich die Insolvenzverschleppung, der Betrug an 20 Anlegern bei German Pellets, der Betrug an 11 Investoren, die Geld für den Kauf eines belgischen Kohlekraftwerkes bereitgestellt hatten, und der Betrug an dem österreichischen Geschäftspartner MFC.
Ehrgeizigen Expansionspläne
Laut Gericht hatten die Erträge der German Pellets GmbH, nach eigenen Angaben einst Weltmarktführer bei Herstellung und Vertrieb von Holzpellets für Heizungen, aus den laufenden Geschäften und Bankkredite nicht mehr ausgereicht, um die ehrgeizigen Expansionspläne in Europa und den USA zu finanzieren. Deshalb habe das weit verzweigte Unternehmen über die Ausgabe von Genussrechten neue Geldquellen erschlossen, Zinsen und Rückzahlungen dann aber nicht mehr bedienen können. Der Versuch einer Insolvenz in Eigenverantwortung scheiterte.
Nach den Worten des Vorsitzenden Richters ließen Zeugenaussagen darauf schließen, dass die finanzielle Lage des Unternehmens schon im Verlaufe des Jahres 2015 sehr angespannt war. Darüber seien Anleger nicht informiert worden. Doch hätten bei diesen angesichts des damals allgemein niedrigen Zinsniveaus bei den hohen Renditeversprechen alle Alarmglocken schrillen müssen. „Sie gingen bewusst ins Risiko“, sagte der Richter. In mehr als 100 Fällen hatten nach Gerichtsangaben Anleger versucht, in Zivilverfahren Geld zurückzubekommen, meist aber ohne oder nur geringem Erfolg.
Richter: German Pellets war ein Leuchtturm
Bei dem Urteil sei dem früheren Geschäftsführer zugutegehalten worden, dass er nicht vorbestraft sei und nicht aus Gründen persönlicher Bereicherung gehandelt habe. Der Mann, der zunächst im Verlagswesen in Hessen und Thüringen tätig war, habe die Chancen des Brennstoffes Holz frühzeitig erkannt und mit viel Engagement einen Konzern aufgebaut. „German Pellets war in Deutschland und Europa ein Leuchtturm“, sagte der Richter. Dem Verurteilten sei es darum gegangen, sein Lebenswerk zu retten, was ihm aber nicht gelang.
Das Mutter-Pelletwerk im Wismarer Holzhafen wird seit 2016 von einem neuen Eigner betrieben und beschäftigt etwa 60 Mitarbeiter. Auch die anderen früheren Betriebsteile laufen nach Angaben des Gerichts bis heute weiter. Dem Vernehmen nach brachten die Firmenverkäufe 45 Millionen Euro, 36 Millionen davon gingen an die Banken. Die Gesamtforderungen sollen sich auf 427 Millionen Euro summieren, hieß es. Laut Medienberichten waren zunächst Forderungen im Umfang auch von zwei Milliarden Euro angemeldet worden. Das seit neun Jahren laufende Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das Amtsgericht in Schwerin erwartet für Ende August einen nächsten Bericht des Insolvenzverwalters.
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