Apotheken Das Apotheken-Netz dünnt aus

DÜSSELDORF · Apothekerverbände beklagen Standortsterben und Fachkräftemangel.

 Schon bei einer Demonstration am 14. Juni machten die Protestierenden mit einem Galgen auf ihre Situation aufmerksam.

Schon bei einer Demonstration am 14. Juni machten die Protestierenden mit einem Galgen auf ihre Situation aufmerksam.

Foto: dpa/Annette Riedl

Die Apothekerinnen und Apotheker in Nordrhein-Westfalen setzen in diesem Sommer viel in Bewegung, um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen. Erst die Großdemonstration am 14. Juni in Düsseldorf, wo für Honorarerhöhungen und gegen Bürokratieanforderungen demonstriert wurde - unter dem Motto „Apotheken kaputt sparen. Arzneimittelversorgung gefährden. Nicht mit uns!“ Und nun die Fortsetzung der Öffentlichkeitsarbeit auf einer mit Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) veranstalteten Pressekonferenz in Düsseldorf. Vorgestellt wurde eine Studie, die die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe beim Institut für Handelsforschung (IFH)  in Auftrag gegeben hatten.

Der aus Dänemark online zugeschaltete Wissenschaftliche Leiter des IFH, Markus Preißner, stellte die aus Apothekensicht nicht allzu rosige Situation vor.  Auch wenn der Eindruck manchmal täuscht, wenn man über Einkaufsstraßen großer Städte geht und dort manchmal gleichzeitig mehrere Apotheken im Blick hat: In den Jahren von 2000 bis 2022 ist die Zahl von landesweit 4821 Apotheken auf 3804 gesunken. Ein Rückgang von mehr als 20 Prozent. Überdurchschnittlich wurden dabei Apotheken in Großstädten (allen voran Essen und Köln) geschlossen.   Immerhin: Noch gibt es in NRW keine Kommune ohne eine Apotheke. Jedoch: Die Anzahl der Kommunen mit einer einzigen Apotheke ist seit 2012 von 27 auf 41 im Jahr 2022 gestiegen.

Das IFH machte auch Interviews mit der Kundschaft. 92 Prozent der Befragten hätten Nacht- und Notdienste der Apotheken als unerlässlich bezeichnet. 91 Prozent hielten ein dichtes Apothekennetz für wichtig.

Die Tendenz geht freilich in die andere Richtung. Die Probleme der Apotheken hängen auch damit zusammen, dass es bei sinkender Zahl von Apotheken ein (kostenintensives) Plus von 2,8 Prozent bei den Beschäftigten gab, um den Arbeitsaufwand zu stemmen. Und das vor dem Hintergrund, dass es angesichts attraktiver anderer Arbeitgeber insbesondere in der pharmazeutischen Industrie schwierig ist, Arbeitskräfte zu gewinnen.

Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammerkerkammer Nordrhein, mahnt: „Bereits jetzt kommen auf einen stellensuchenden Apotheker bis zu 20 offene Stellen.“ Um den kontinuierlich wachsenden Bedarf an Pharmazeuten decken zu können, bedürfe es verschiedener Maßnahmen. „Wir brauchen eine stärkere Förderung der Praxisorientierung bereits im Studium. Und Anreize und stabile Rahmenbedingungen für junge Approbierte, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.“ Das könnten auch Standortanreize in den Kommunen sein. Ebenso hilfreich wie entlastend sei „ein Abbau der überbordenden Bürokratie in den Apotheken“.

Gabriele Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, sieht das  Apothekennetz in NRW zwar als derzeit tragfähig. Für die Sicherung der flächendeckenden Versorgung sei es aber fünf vor zwölf: „Wir müssen jetzt die Strukturen der öffentlichen Apotheken vor Ort stärken, bevor Regionen unterversorgt sind.“ Das müsse angegangen werden, „bevor sich andere breit machen“.

Auch Landesgesundheitsminister Laumann befürwortet das Aufrechterhalten der gegenwärtigen Struktur. Aber was, wenn das Netz reißt und sich größere Lücken in der Versorgung auftun? „Dann muss irgendwann einer meiner Nachfolger im Gesundheitsministerium entscheiden, wie dann die  Versorgungssicherheit mit Medikamenten gewährleistet ist“, sagt der Minister. Über konkrete Schlussfolgerungen aus der Studie wollte er sich nicht äußern, darüber solle mit den betroffenen Verbänden diskutiert werden.