Millionenpoker und Schmiergeldverdacht bei der HSH
Hamburg (dpa) - Millionenpoker bei der HSH Nordbank: Der scheidende Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher fordert laut „Focus“ eine Abfindung von insgesamt 4,8 Millionen Euro.
Die Summe beinhalte vier Millionen aus vertraglichen Ansprüchen und Boni zuzüglich 20 Prozent Verfahrens- und Anwaltskosten, schrieb das Magazin und berief sich auf Verhandlungskreise. Die Bank biete zwei Millionen.
Dem „Focus“ zufolge soll eine Klausel festlegen, dass der Banker die Abfindung bei einer strafrechtlichen Verurteilung zurückzahlen muss. Rückzahlungen bei nachgewiesenen Rechtsverstößen ohne eine Verurteilung lehne Nonnenmacher ab, hieß es. Die Bank war am Wochenende zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Außerdem gibt es bei der HSH einen Korruptionsverdacht: Es gebe Hinweise darauf, dass die türkische Justiz mittels der Sicherheitsfirma Prevent geschmiert worden sein könnte, um einen Rechtsstreit gegen einen türkischen Reeder zu gewinnen, berichteten „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“, die sich auf interne Unterlagen und Aufsichtsratskreise berief. Die HSH Nordbank hatte zuvor selbst Strafanzeige in dem Fall erstattet.
Laut „Spiegel“ war der Vorstand der HSH-Nordbank über die mutmaßlich kriminelle Millionenzahlung an Prevent informiert. Dies gehe aus dem Protokoll einer Vorstandssitzung aus dem Juni 2009 hervor. In diesem Protokoll heiße es, Prevent sei gebeten worden, „über ihr Netzwerk im Hintergrund Gespräche mit der Politik und der Wirtschaft zu führen und die wahrgenommene Einseitigkeit“ in der Türkei „aufzubrechen“.
Hintergrund der Zahlung eines sogenannten „Teil-Erfolgshonorars“ an Prevent in Höhe von mehr als 3,5 Millionen Euro im April 2009 ist laut den Presseberichten ein seit Jahren anhängiger Rechtsstreit mit dem Reeder, der eine Schadenersatzzahlung erreichen will. Laut dem „Spiegel“ hat der Reeder einen vollstreckbaren Titel in Höhe von 80 Millionen Dollar erwirkt. Die HSH Nordbank ist der weltgrößte Schiffsfinanzierer.
Bei der Erstattung ihrer Strafanzeige „wegen aller infrage kommenden Delikte“ hatte sich die HSH Nordbank am Donnerstag auf Erkenntnisse berufen, die eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Rahmen einer Prüfung auf Ordnungsgemäßheit erlangt hatte. Diese Prüfung war im Oktober vom HSH-Vorstand in Auftrag gegeben worden. Die Wirtschaftsprüfer hätten Hinweise auf Handlungen erlangt, „die potenzielle Anzeichen einer Untreue beziehungsweise einer Bestechung von Amtsträgern darstellen könnten“, hatte die Bank erklärt.
Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki reagierte alarmiert auf die Bestechungsvorwürfe. „Der Gedanke, dass eine Bank, die vor allem Schleswig-Holstein und Hamburg gehört, in eine Schmiergeld-Affäre involviert sein könnte, ist unerträglich“, sagte Kubicki dem „Hamburger Abendblatt“. Die „Süddeutsche“ zitierte Kubicki mit den Worten: Man kann langsam den Eindruck gewinnen, es war eine kriminelle Vereinigung am Werk.“
Der Grünen-Obmann im HSH-Untersuchungsausschuss, Thorsten Fürter, sagte der dpa, Nonnenmacher habe vor dem Ausschuss zwar zu den Prevent-Vorwürfen Stellung bezogen. Auf eine Millionenzahlung in der Türkei sei er aber „mit keiner Silbe eingegangen, obwohl der Sachverhalt offensichtlich im Vorstand ausführlich erörtert wurde.“ Nonnenmacher habe den Untersuchungsausschuss getäuscht. Wie er vor diesem Hintergrund 4,8 Millionen Euro Abfindung verlangen könne, sei völlig unverständlich.
Der Untersuchungsausschuss will laut einem Bericht von NDR 90,3 keine weiteren Zeugen mehr befragen. Somit muss auch Nonnenmacher, dessen geplante Vernehmung am Freitag kurzfristig abgesagt worden war, nicht mehr aussagen. Hintergrund: Der Ausschuss kann seine Arbeit wegen der vorgezogenen Neuwahlen in Hamburg nicht zu Ende führen und will nun bis Januar einen Zwischenbericht vorlegen.