Nach Razzia: Deutsche-Bank-Chef Fitschen wehrt sich

Frankfurt/Main (dpa) - Nach der Steuerrazzia bei der Deutschen Bank geht Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen in die Offensive. In Interviews mit „Handelsblatt“ und „Bild“-Zeitung (Freitag) wies der Manager die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unbegründet zurück.

Zugleich gestand Fitschen Fehler der Bank ein. Er wolle daher den angekündigten Kulturwandel bei der Deutschen Bank forcieren. „Meines Erachtens war das Vorgehen der Staatsanwaltschaft überzogen“, sagte Fitschen dem „Handelsblatt“. Zu dem ungewöhnlichen Schritt, während der Ermittlungen an die Öffentlichkeit zu gehen, sagte der langjährige Deutsche-Bank-Manager: „Ich äußere mich bewusst, weil ich mich ungerecht behandelt fühle.“ Und weiter: „Ich habe auch das Gefühl, dass die Vorwürfe mich daran hindern, das umzusetzen, wozu ich angetreten bin.“

Zu den Vorwürfen der schweren Umsatzsteuerhinterziehung gegen sich selbst sagte der 64-Jährige der „Bild“-Zeitung: „Ich bin fest davon überzeugt, dass sie sich als unbegründet erweisen werden.“

Für einen Rücktritt sehe er keinen Grund, betonte der Manager, der Deutschlands größtes Geldhaus seit Juni 2012 gemeinsam mit dem Investmentbanker Anshu Jain führt: „Jetzt werden wir die Ärmel noch weiter hochkrempeln, um unseren Wandel zügig voranzutreiben.“

500 Fahnder hatten am Mittwoch unter anderem die Frankfurter Zentrale des Dax-Konzerns durchsucht. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft wirft 25 Mitarbeitern der Bank Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchte Strafvereitelung im Zusammenhang mit dem millionenschweren Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) vor.

Bei den Beschuldigten handelt es sich nach dpa-Informationen um Händler, Steuerfachleute, Mitarbeiter der Rechtsabteilung und IT-Spezialisten. Fünf Mitarbeiter wurden am Mittwoch verhaftet, vier davon sitzen noch in Untersuchungshaft. Die Männer könnten jederzeit Haftprüfung beantragen oder Haftbeschwerde einlegen. Aus dem Umfeld der Bank hieß es, es seien zum großen Teil diejenigen betroffen, „die die Aufklärung vorangetrieben haben“.

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag) gehen die Ermittler davon aus, dass E-Mails zu den mutmaßlich kriminellen Geschäften vernichtet wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.

Gegen Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause wird ermittelt, weil sie Ende 2010 die fragliche Umsatzsteuererklärung der Bank für das Jahr 2009 unterschrieben hatten. „Ich habe die Unterschrift geleistet, nachdem ich mir den Sachverhalt habe erläutern lassen. Meine Unterschrift spiegelt somit meinen damaligen Wissensstand wider“, erklärte Fitschen in der „Bild“ und ähnlich auch im „Handelsblatt“.

Nach Erkenntnissen der Ermittler enthielt die Steuererklärung zu Unrecht erstattete Umsatzsteuer aus illegalen Handelsgeschäften mit Emissionsrechten. Im Sommer 2011 korrigierte die Bank die Angaben um etwa 150 Millionen Euro. Ende 2011 verzichtete die Bank auf einen Anspruch von insgesamt 310 Millionen Euro Umsatzsteuerrückerstattung.

Der Konzern vertritt - anders als die Staatsanwälte - die Ansicht, die Steuererklärung sei rechtzeitig korrigiert worden. Fitschen äußerte Verwunderung, „dass es trotz unseres Kontakts zur Finanzverwaltung in dieser Sache zu einem solchen Ermittlungsverfahren kommen konnte“, wie er dem „Handelsblatt“ sagte.

Er bedauere sehr, dass die interne Aufklärung noch nicht weiter gekommen sei, sagte Fitschen. „Es liegt in unserem Interesse, der Sache ein Ende zu bereiten.“ Im April 2010 hatte es in dem Fall eine erste Durchsuchung in Räumen der Deutschen Bank gegeben. Sechs Bankkunden wurden als Betreiber sogenannter Umsatzsteuerkarusselle im Dezember 2011 in Frankfurt zu langen Haftstrafen verurteilt.

Vor einigen Monaten suspendierte die Deutsche Bank mindestens fünf Händler, die an dem illegalen grenzübergreifenden Zertifikatehandel beteiligt gewesen sein sollen. Es sei „ganz offenkundig so, dass an der einen oder anderen Stelle beim Drang, etwas zu leisten, der Kompass, der Common Sense, nicht hinreichend vorhanden war“, räumte Fitschen im „Handelsblatt“ mit Blick auf das Investmentbanking ein. „Es ist außerordentlich ärgerlich, dass die Deutsche Bank diese Fehler gemacht hat.“ Fitschen betonte in der „Bild“: „Wir sind angetreten mit dem festen Willen, Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu korrigieren.“