Nach Selbstmordserie: Ermittlungen gegen Ex-Chef von „France Télécom“

Didier Lombard (70) soll sich wegen Mobbings verantworten. 35 Mitarbeiter nahmen sich das Leben.

Paris. Auf die dramatischen Vorkommnisse beim französischen Telefongiganten „France Télécom“ reagierte die aufgewühlte Nation mit einer Mischung aus Entsetzen, Wut und Ohnmacht. 35 Mitarbeiter nahmen sich in nur zwei Jahren — 2008 und 2009 — das Leben.

Nun hat die Selbstmordserie ein juristisches Nachspiel. Zum ersten Mal zieht die Justiz einen ehemaligen Vorstandsvorsitzenden wegen „Mobbing“ zur Verantwortung. Käme es zum Schuldspruch, drohten Ex-Boss Didier Lombard (70) ein Jahr Gefängnis und 15 000 Euro Geldstrafe.

Vorverurteilt ist Didier Lombard gleichwohl. Denn im März 2010, als die Vorstandsetage wegen der Selbstmorde immer stärker in die Defensive geriet, musste er seinen Hut nehmen. Den letzten Anstoß zum Rücktritt gab der kurz zuvor veröffentlichte Untersuchungsbericht des Gewerbeaufsichtsamtes, der die Télécom-Vorständler schwer belastet. Mit ihren Mobbing-Methoden, klagen die Gutachter an, hätten die Manager das Leben der Mitarbeiter in Gefahr gebracht.

Nun steht der Ex-Télécom-Patron unter Polizeiaufsicht, erst gegen Zahlung einer 100 000-Euro-Kaution konnte er den Justizpalast verlassen. In einer von „Le Monde“ veröffentlichten Stellungnahme weist Lombard die Anschuldigungen zurück. „Ich bin mir bewusst, dass die Umwälzungen im Unternehmen zu Verwerfungen und Schwierigkeiten führen konnten“, schreibt der Ex-Manager und fügt hinzu: „Aber ich bestreite entschieden, dass die Maßnahmen zur Rettung des Konzerns die Ursache dieser menschlichen Dramen waren.“

Erschütternde Abschiedsbriefe von Mitarbeitern sprechen eine andere Sprache. Etwa der von Michel D., einem Techniker aus Marseille, der seinem Leben im Juli 2009 ein Ende setzte. Die Internetzeitung „Mediapart“ dokumentiert seine letzten Zeilen. Darin heißt es: „Ich bringe mich um wegen meiner Arbeit bei France Télécom. Das ist der einzige Grund.“