Nokia streicht 3500 Stellen und schließt Werk

Espoo/Bukarest (dpa) - Der kriselnde Handy-Weltmarktführer Nokia streicht 3500 Arbeitsplätze. Das Werk in Rumänien, in das 2008 unter scharfer Kritik die Handy-Produktion aus Bochum verlagert wurde, wird dichtgemacht.

Allein damit fallen 2200 Jobs weg. Weitere 1300 Stellen seien von einem Umbau der Software-Entwicklung betroffen. In diesem Bereich wird auch der Standort Bonn geschlossen. Um wie viele Arbeitsplätze genau es dort geht, sagt Nokia nicht. Die Zahl liege im „mittleren zweistelligen Bereich“.

Allerdings hält Nokia daran fest, dass Berlin neben Boston und Chicago ein zentraler Standort für die Dienstleistungssparte Location & Commerce ist. Deshalb gehe Nokia davon aus, dass die Mitarbeiterzahl in Deutschland auf längere Sicht steigen werde, sagte ein Sprecher.

Die Nokia-Fabrik in Jucu nahe der Stadt Cluj war erst 2008 eingeweiht worden, um die aus Bochum abgezogene Handy-Produktion aufzunehmen. In den Standort wurden rund 60 Millionen Euro investiert. Die rumänischen Behörden wollen jetzt zumindest einen Teil der damaligen Zuschüsse von 20 Millionen Euro zurück. Ein am Donnerstag gegründeter Sonderausschuss des Regionalparlaments in Cluj soll prüfen, ob das möglich ist.

Die Schließung der Produktion in Bochum mit insgesamt mehr als 3000 Mitarbeitern hatte in Deutschland zu heftiger Kritik und Protesten geführt. Nokia hatte die Entscheidung unter Hinweis auf zu hohe Produktionskosten ausgerechnet kurz nach einem Milliarden-Gewinn verkündet, was für zusätzliche Verbitterung sorgte. Auch in Bochum gab es Streit um staatliche Zuschüsse von 88 Millionen Euro.

In Rumänien werden einfache Nokia-Handys aus importierten Fertigteilen zusammengebaut. Die Fabrik in Rumänien solle nun geschlossen werden, da sich der Markt für solche Geräte und auch die Lieferkette inzwischen nach Asien verlagert hätten, sagte der Nokia-Sprecher. Europa und speziell Deutschland blieben für Nokia aber ein wichtiger Standort für Forschung und Entwicklung.

Nokia habe die Entscheidung zur Werksschließung in Rumänien bereits im Februar getroffen, sagte der Vorsitzende des Regionalparlaments in Cluj, Alin Tise, unter Berufung auf das Nokia-Management. Die Fabrik in Rumänien solle Ende Dezember geschlossen werden, die Angestellten würden ihr Gehalt aber bis März 2012 bekommen. „Die Leute waren schockiert, einige haben geweint“, berichtete eine Nokia-Arbeiterin dem Sender Realitatea TV.

Nokia muss mit dem Schritt Konsequenzen aus dem drastischen Bedeutungsverlust der vergangenen Monate ziehen. In Westeuropa werden inzwischen immer mehr Smartphones statt einfacher Handys gekauft. Und bei den Computer-Telefonen hatte Nokia in den vergangenen Jahren massiv an Gewicht eingebüßt. Der Wandel geht schnell, der Markt für „Basis-Telefone“ bröckelt. Die Einfach-Handys werden die Finnen vor allem in sogenannten Wachstumsmärkten wie Indien, Afrika oder China los - und dafür die Bauteile erst nach Rumänien zu verschiffen, macht überhaupt keinen Sinn.

Allerdings verliert Nokia auch bei den einfachen Telefonen Geschäft an asiatische Konkurrenten wie Samsung oder LG sowie neue chinesische Produzenten. Insgesamt fiel der Marktanteil des langjährigen Handy-Spitzenreiters im zweiten Quartal nach Zahlen des Marktforschers Gartner auf 22,8 Prozent von 30,8 Prozent ein Jahr zuvor.

Im kommenden Jahr wollen die Finnen mit neuen Geräten auf Basis des Microsoft-Systems Windows Phone wieder in die Offensive gehen und verlorenes Terrain im zukunftsträchtigen Smartphone-Geschäft aufholen. Marktbeobachter trauen den Partnern einen stabilen Marktanteil von einem Fünftel des Smartphone-Geschäfts zu. Eine zentrale Rolle spielen dabei auch Dienste wie Navigation, für die Nokia unter anderem ein Kompetenzzentrum in Berlin hat.

Bisher ist das mobile Microsoft-Betriebssystem allerdings ein Ladenhüter mit rund einem Prozent der verkauften Computer-Telefone, während die Google-Plattform Android und Apple mit seinem iPhone den lukrativen Markt weitgehend unter sich aufteilen.

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