NRW legt bei der Windkraft deutlich zu

312 Windanlagen wurden 2017 gebaut. Aber in diesem Jahr droht ein Rückgang von rund 50 Prozent. Grund sind Gesetzesverschärfungen.

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Düsseldorf. 65 Prozent der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 — die neue Bundesregierung hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, bei dem vor Nordrhein-Westfalen noch ein langer Weg liegt, wie der Landesverband für Erneuerbare Energien (LEE) NRW gestern mitteilte. „Nach unseren Berechnungen ist dafür ein jährlicher, bundesweiter Zuwachs von jeweils 4000 Megawatt aus Windenergie und Photovoltaik notwendig“, berichtet Reiner Priggen, Vorsitzender von LEE NRW. Gemäß der regionalen Verteilung durch den Königsteiner Schlüssel bedeute das für NRW einen jährlichen Zubau von jeweils 800 Megawatt aus Photovoltaik und Wind. „Davon sind wir aktuell weit entfernt.“

So liegt der Anteil der erneuerbaren Energien in NRW aktuell bei gerade mal 12,5 Prozent, womit das stark industrialisierte Bundesland mit seinem hohen Energiebedarf auf dem drittletzten Platz im bundesweiten Vergleich landet. Nur in Hamburg (3,9) und Berlin (2,2 Prozent) sieht es noch magerer aus. Beim Spitzenreiter Schleswig-Holstein liegt die Stromerzeugung mit 114 Prozent dagegen sogar deutlich über dem Verbrauch.

Stark zugelegt hat NRW im vergangenen Jahr immerhin bei der Windenergie. So wurden 2017 sage und schreibe 312 neue Windanlagen mit einer Leistung von insgesamt 868 Megawatt gebaut — so viele wie nie zuvor. Allerdings werde nach Angaben von LEE NRW schon für dieses Jahr aufgrund der verschärften Gesetze ein Einbruch beim Ausbau der Windenergie um rund 50 Prozent erwartet. So sollen Windräder künftig einen Mindestabstand von 1500 Metern zu Wohngebieten halten und nicht mehr in Wäldern gebaut werden dürfen. „Bei Laubwäldern mag das ja vielleicht nachvollziehbar sein, aber in einem Fichtenwald den Bau von Windanlagen auszuschließen, kann ich nicht verstehen“, moniert Priggen. Auch benötige der Bau von Windanlagen eine Vorlaufzeit von vier bis fünf Jahren. Insgesamt sind in NRW 3580 Windanlagen mit einer Gesamtleistung von 5400 Megawatt am Netz.

Auch bei der Solarenergie liegt in NRW nach Einschätzung des Verbandes einiges im Argen: Gerade im urbanen Raum sieht das LEE NRW brachliegendes Potenzial angesichts der Vielzahl der Dachflächen, die für die Errichtung von Solaranlagen genutzt werden könnten. Derer gibt es landesweit 225 000 mit einer Gesamtleistung von 4600 Megawatt in NRW, darin enthalten sind 11 500 neue Solaranlagen, die im vergangenen Jahr hinzugekommen sind — ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2016.

Recht intensiv genutzt wird in NRW dagegen bereits die Bioenergie: Rund 623 Biogasanlagen mit einer Leistung von 295 Megawatt decken aktuell den Strombedarf von mehr als 450 000 Haushalten im Land. Verkannt wird laut LEE dabei noch das Potenzial von Wärmepumpen, die aus der Umweltwärme im Erdreich, in der Luft oder im Wasser Heizwärme produzieren. Laut Lee hätte NRW genügend Potenzial, um den Wärmebedarf der Hälfte aller Haushalte zu decken.

Pläne der Landesregierung, NRW zum führenden Anbieter für Elektromobilität zu machen, seien zwar zu begrüßen, erhöhten aber auch den Druck, so Priggen: „Derzeit wird viel über die Luftqualität in den Innenstädten, einen Kohleausstieg und belgischen Atomstrom diskutiert. Die Lösung dafür ist immer die gleiche: eine konsequente Energiewende samt Verkehrs- und Wärmewende.“ Dafür müsse NRW als Industriestandort mit hohem Stromverbrauch, entsprechend starken Emissionen sowie Millionen Haushalten bei den erneuerbaren Energien kräftig zulegen. KDow/lnw