Opel: Chaos mitten in der Krise

Nach nur 15 Monaten geht Chef Stracke. Werden jetzt doch Werke in Deutschland geschlossen?

Rüsselsheim. Die Ruhe bei Opel währte nur kurz: Ende Juni hatte Karl-Friedrich Stracke im zweiten Anlauf einen als halbherzig kritisierten Sanierungsplan durch den Aufsichtsrat gebracht, der heikle Passagen wie Werksschließungen oder Stellenabbau aussparte. Jetzt nimmt Stracke seinen Hut — angeblich hat ihm General-Motors-Boss Dan Akerson ein attraktiveres Angebot unterbreitet. Offiziell ist von „Sonderaufgaben bei GM“ die Rede.

Beobachter zweifeln daran: Eher werde Stracke vor die Tür gesetzt, weil er zu zimperlich war. Bei den Managern der Konzernmutter in Detroit seien die Geduldsfäden gerissen. „Das ist Chaos pur. Opel ist nicht zu retten. Jetzt ist zu erwarten, dass die eiserne Hand aus Detroit durchregiert und viel Schaden anrichtet“, polterte Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer. Wie dem auch sei: Opel steht mitten in der tiefen Krise ohne Führung da. GM-Vize Stephen Girsky wird den Job nur vorübergehend machen.

Der Sanierungsplan, den Stracke selbst werbewirksam als „Wachstumsplan“ bezeichnete, war auch von der Mutter GM unterzeichnet worden. Ob er das Papier wert ist, auf dem er steht, bleibt fraglich. „GM muss mit dem Plan unzufrieden sein, sonst hätte Stracke nicht gehen müssen“, sagt Auto-Experte Stefan Bratzel.

Der Plan könne hinterfragt werden, glaubt Bratzel: „Ich könnte mir vorstellen, dass jetzt doch schon vor 2016 Werke geschlossen werden.“ Das dürften vor allem die Beschäftigten in Bochum nicht gerne hören, die Hiobsbotschaften eigentlich gewohnt sind: Selbst Stracke, der als Opelaner weniger hart sparen wollte als die Manager in Detroit und der einen Kompromiss mit den Arbeitnehmern erreichte, wollte den Standort nach 2016 schließen.

Eines ist klar: Stracke hat die hohen Erwartungen nicht erfüllen können — und es war ihm bewusst. Erst unlängst hatte er gesagt, GM sei „zu Recht ungeduldig mit uns“: „Wir dürfen unserer Mutter nicht länger auf der Tasche liegen.“ Das tut er nun in der Tat nicht mehr.

Interims-Opel-Chef Girsky stimmt die Belegschaft schon mal auf einen schärferen Sparkurs und ein höheres Tempo ein. In einem Brief an die Mitarbeiter forderte er von allen Mitarbeitern die Bereitschaft, „das Geschäft anders zu machen als bisher und dabei schnell zu handeln“.