Opel vor Gericht: Ende des Werks Bochum rechtens?
Darmstadt/Bochum (dpa) - Der Streit um das angekündigte Ende der Autoproduktion im Opel-Werk Bochum wird vor Gericht fortgesetzt. Das Landgericht Darmstadt befasst sich am Dienstag mit der Klage des Bochumer Betriebsratschefs Rainer Einenkel gegen den Autobauer.
Das Aufsichtsratsmitglied wirft der Adam Opel AG vor, das Kontrollgremium im Frühjahr 2013 nicht korrekt über Pläne informiert zu haben, die Produktion des Familienwagens Zafira Ende 2014 vom Ruhrgebiet ins Stammwerk nach Rüsselsheim zu verlagern.
Die Entscheidung besiegelte das Aus der Autofertigung in Bochum Ende 2014. Opel will an dem traditionsreichen Standort auf einem ehemaligen Zechengelände nur ein Warenverteilzentrum erhalten. Von rund 3300 Beschäftigten sollen 700 im Ruhrgebiet bleiben.
„Besonders gravierend ist, dass die Begründung für den Beschluss nicht stichhaltig ist“, sagt Einenkel der dpa. Der Vorstand habe verschiedene Untersuchungen zu Kosten, Produktivität und Wirtschaftlichkeit der europäischen Werke vorgelegt, die Bochum jeweils am schlechtesten bewertet hätten. Doch das sei nachweislich falsch und könne vom Unternehmen nicht bewiesen werden, erklärt Einenkel bis heute.
Bei Opel sieht man die Klage gelassen. Ein Sprecher mochte das laufende Verfahren zwar nicht kommentieren. Aus Konzernkreisen verlautet aber, der Aufsichtsrat habe seine Entscheidung im Einklang mit allen geltenden Regeln getroffen. Es gebe keine Formfehler und die Information des Aufsichtsrats sei ausreichend im Sinne der ständigen Rechtsprechung gewesen.
Doch Einenkel ist überzeugt: Das Werk Bochum sei aus politischen Gründen bewusst benachteiligt worden. „Wirtschaftliche Gründe gibt es nicht. Deshalb bin ich als Aufsichtsrat verpflichtet, gegen den Beschluss vorzugehen“, betont er. Opel litt seinerzeit wegen der Absatzkrise in Europa unter enormen Überkapazitäten und fuhr massive Verluste ein.
Nach früheren Angaben einer Sprecherin des Landgerichts Darmstadt sollen sowohl Einenkel als auch Vertreter der Adam Opel AG zur Verhandlung erscheinen. Sofern es keine gütliche Einigung gibt, werde die Entscheidung des Gerichts zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Dem Beschluss des Kontrollgremiums waren lange Verhandlungen über einen Rettungsplan für den Autobauer vorangegangen. Als einzige in Deutschland hatten die Bochumer Opel-Beschäftigten den Sanierungstarifvertrag im Frühjahr 2013 abgelehnt. Dieser sah unter anderem vor, dass in Bochum noch bis Ende 2016 Autos gebaut werden. Zudem sollte eine neue Komponentenfertigung am Standort angesiedelt werden. Doch Einenkel traute der Firmenleitung nicht. „Es gab Ausstiegsklauseln im Vertrag, und zwar nur für den Standort Bochum“, betont er. Deshalb riet Einenkel der Belegschaft zur Ablehnung.
Doch der Schuss ging nach hinten los: Das Unternehmen machte seine Warnung wahr und zog frühere Zusagen wie angekündigt zurück. Zum Jahreswechsel läuft die Produktion des Zafira in Bochum nun aus - danach rollt der Familienwagen vorrübergehend in Rüsselsheim vom Band. Auch daran hatte Einenkel wegen der hohen Kosten für die Verlagerung von angeblich rund 50 Millionen Euro nicht geglaubt. Nun setzt er auf das Gericht: „Ich habe die Hoffnung, dass es zu einer klugen Lösung kommt, was mit den Menschen in der Region und dem Werk geschieht.“
Beobachter werfen Einenkel allerdings reinen Aktionismus vor, der niemandem nutze. Selbst wenn das Gericht wider Erwarten einen Formfehler erkennen sollte - das Unternehmen hat die Schließung des Werkes im Aufsichtsrat bereits beschlossen. Wie auch immer das Gericht entscheidet, für das Unternehmen steht fest: Die Entscheidung, die Autofertigung in Bochum zu schließen, ist unumstößlich. Und: Opel geht davon aus, dass der Sozialtarifvertrag für Bochum schon in den nächsten Tagen unterschrieben werden kann.